: „Verheerend“: Bausenator ist gegen Ampel
■ Betr. Stern: Bremens berühmteste Verkehrsanlage soll endgültig wieder ein Kreisel werden
Bremens Staatsräte sind starke Typen. Zum Beispiel der für Bau zuständige Jürgen Lüthge. Der zerschlug jetzt laut Pressemitteilung gar „den Gordischen Knoten.“ Verknotet hatte sich in diesem Fall die Diskussion um die Frage, ob der Stern wieder Kreisel oder richtig Kreuzung werden soll. Lüthges Antwort, die er gestern abend auch dem Bauausschuß des Schwachhauser Beirates vorstellte, heißt: „Die Quadratur des Kreisels.“ Im Klartext bedeutet dies: Der Stern wird zwar wieder ein Kreisverkehr, eine Einfahrt aus der Hermann-Böse-Straße und der Wachmannstraße ist aber nicht mehr möglich. Die Straßen werden „abgehängt“, wie sich Verkehrsplaner auszudrücken pflegen.
In wenigen Wochen sollen die Kanalbauarbeiten unter dem Stern abgeschlossen sein. Spätestens, wenn das Kongreßzentrum fertiggestellt ist, werden noch mehr als die bisher rund 25.000 Autos täglich dort ihre Runde drehen. Schon aus diesem Grund hat sich der Bausenator letzlich gegen eine Ampel entschieden, denn eine Kreuzung würde rund 20 Prozent weniger Verkehr schlucken. Hinzu kamen städtebauliche Aspekte: „Ein Kreisel ist städtebaulich ansprechender, da die gesamte Bebauung an einem Kreisel orientiert ist und eine Ampellösung städtebaulich verheerend wäre“, meinte Lüthge.
Die Befürworter einer ordentlichen Kreuzung hatten dafür unter anderem die Unfallgefahr am Stern ins Feld geführt. In der Tat bedeutete es für Radfahrer, Fußgänger und ortsfremde AutofahrerInnen immer auch ein bißchen Abenteuer, den Stern zu passieren. Und auch StraßenbahnfahrerInnen mußten jederzeit mit einem kräftigen Adrenalinstoß wg. vorfahrtübersehender Autofahrer rechnen. „Diese früheren Nachteile werden drastisch reduziert“, versprach Lüthge. Und das soll so gehen: Übersichtlicher soll es für alle Beteiligten dadurch werden, daß es nur noch vier Zufahrten gibt. Die Straßen werden zudem durch Mittelinseln geteilt, so daß FußgängerInnen nur jeweils drei Meter breite Straßen zu überqueren haben. Außerdem glaubt die Behörde mit einer einfachen Maßnahme die Zahl der Fußüberquerungen des Sterns reduzieren zu können: Die Straßenbahnhaltestelle stadtauswärts für die Linie 5 und 6 wird von der Hermann-Böse-zur Wachmannstraße verlegt.
Mehr Sicherheit soll eine „Ampelanforderungs-Anlage“ bringen. Unter dem Motto „Alle Autos stehen still, wenn mein starker Arm es will“, können StraßenbahnfahrerInnen per Knopfdruck eine Ampel auf Rot und die Autos zum Halten bringen.
Die AnwohnerInnen und Geschäftsleute der Wachmannstraße, die sich ob der Verkehrsfrage schon in zwei gegnerische Lager gespalten haben, will Lüthge mit zwei Tricks befrieden. Verkehrsberuhigt wird die Straße, weil sie stadteinwärts abgehängt wird. Wer aber in die Wachmannstraße hinein will, zum Beispiel um dort einzukaufen, kann dies vom Stern aus weiterhin tun.
Und noch ein paar BremerInnen werden sich über die Renaturierung des Sterns möglicherweise freuen: Dann können UmweltaktivistInnen ihre Samstags-Traditionen wieder aufnehmen und durch Dauerradeln um den Kreisel den Autoverkehr zum Erliegen bringen. Fußgänger Lüthge dazu: „Ich hab' da nichts gegen.“ hbk
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