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Verhandlungsweltmeister

■ SPD und AL schlagen alle Streit-Rekorde

KOMMENTAR

Die zahllosen Dissertationen, die irgendwann einmal über die erste rot-grüne Koalition in Berlin geschrieben werden, werden zu einem übereinstimmenden Ergebnis gelangen: Diese Koalition ist Weltmeister im Verhandeln, schlägt einsame Rekorde in der Ausdauer bei Krisensitzungen. Man erinnere sich: Schon die Geburtswehen des Bündnisses dauerten länger als bei anderen Koalitionskindern. Seit dem Unterzeichnen der Koalitionsvereinbarungen hat sich nicht viel geändert. Von den Koalitionsvereinbarungen ging es flott in die ersten Krisen, die sich seit Dezember in eine Koalitionskrise in Permanenz verwandelten. Vor Ostern trat man in die Phase der Nachverhandlungen zu den Koalitionsvereinbarungen ein, übergangslos abgelöst von den Junktim-Verhandlungen seit etwa sechs Wochen. Mittlerweile hat die Koalition die höheren Weihen der 56+22-Verhandlungen erreicht: 56 Punkte hat die SPD vorgelegt, die in dieser Legislaturperiode noch auf den Weg gebracht werden sollen; die AL brachte es nur auf 22.

Zwei Tage lang tagten die Parteien nun wieder getrennt mit gleichem Ergebnis: Das Verhältnis ist zerrüttet, aber man macht weiter. Der Grund: mangelnde Alternativen und die Angst, in der vielbeschworenen historischen Situation das Feld den Konservativen zu überlassen. Immerhin, die erste Version des Antwortbriefes von Momper an die AL, die faktisch die Kündigung bedeutet hätte, fand vor der SPD keine Gnade. Ob der zweite Frühling für die Koalition tatsächlich im Sommerloch eintritt, darf bezweifelt werden. Die nächste Koalitionskrise in Gestalt des HMI erwarten wir mit Spannung, dicht gefolgt vom 2. Staatsvertrag. Ein Wort gehört auf den Index: die Koalitionskrise. Irgendwann verwandelt sich diese Worthülse zum Folterinstrument an der Bevölkerung.

Kordula Doerfler

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