Verhandlungen mit Hamas: Streit über Abbas' Neuwahlpläne
Im Falle eines Scheiterns der Versöhnungsgespräche zwischen Fatah und Hamas droht Palästinenserpräsident Abbas mit Neuwahlen.
JERUSALEM taz Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat am Montag mit Neuwahlen gedroht, sollten die Versöhnungsgespräche mit der Hamas keine Ergebnisse bringen. Im Frühjahr 2009 werden demnach per Präsidentenerlass Parlaments- und Präsidentschaftswahlen einberufen. Die Hamas lehnt die Idee als "verfassungswidrig" ab, wie ihr "Außenminister" Mohammed Zahar gestern betonte. Die den Gazastreifen kontrollierenden Islamisten fordern zwar Präsidentschaftswahlen, da die Amtszeit von Abbas im Januar abläuft. Parlamentswahlen lehnen die Sieger des Urnengangs vor drei Jahren vorläufig hingegen ab.
Der Appell des Präsidenten signalisiere seine "wahren Absichten", kommentierte Hamas-Sprecher Fausi Barhoum. "Herr Abbas legt es darauf an, seine Amtszeit zu verlängern." Laut aktueller Verfassung dauert die reguläre Amtszeit für den Präsidenten nur vier Jahre. Im Fall von Abbas ist die Lage unklar, da es im Jahr 2005 eine Wahlgesetzreform gab, der zufolge seine aktuelle Amtszeit auf fünf Jahre festgelegt wurde, um bei Ablauf Präsidentschafts- und Parlamentswahlen parallel abhalten zu können. Darauf beharrt die Fatah.
Der Palästinenserpräsident ist bekannt für spektakuläre Drohungen. Zweimal kündigte er in den vergangenen Monaten seinen Rücktritt an, sollten die Friedensverhandlungen mit Israel keine Fortschritte bringen. "Der Präsident will sowohl dem Volk als auch der Welt ein Signal geben, dass er nichts unversucht lässt, um eine Versöhnung herbeizuführen, und gleichzeitig, dass er Wahlen nicht fürchtet", kommentiert der ehemalige Minister Kaddoura Fares (Fatah) auf telefonische Nachfrage. Ohne die Kooperation der Hamas können im Gazastreifen keine Wahlen abgehalten werden.
Bereits Anfang November hätten direkte Verhandlungen zwischen den beiden zerstrittenen palästinensischen Fraktionen aufgenommen werden sollen, mit dem Ziel, erneut eine nationale Einheitsregierung zu gründen. Die Hamas lehnte den Kompromissvorschlag der ägyptischen Vermittler ab, demzufolge die Präsidentschaftswahlen verschoben werden sollten. Die Islamisten fordern zudem die Freilassung der im Westjordanland verhafteten Hamas-Mitglieder. Die Palästinensische Autonomiebehörde hat in den vergangenen Monaten über einhundert Hamas-nahe Einrichtungen schließen lassen. Rund 40 islamistische Politiker befinden sich zudem noch in israelischer Haft. Sollte Israel eine Entlassung der Minister und Parlamentarier erwägen, so würde er, hatte Abbas gedroht, sein Amt als Präsident zurückgeben. SUSANNE KNAUL
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlkampf in Deutschland
Rotzlöffeldichte auf Rekordniveau
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA entwerfen UN-Resolution zum Krieg in der Ukraine ohne jede Kritik an Russland