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Verhandlungen im Baskenland?

■ Erstmals wieder Hoffnung auf eine politische Lösung des Baskenkonfliktes nach befristetem ETA-Waffenstillstand

Madrid (taz) – Gespräche mit ETA ja, aber nur wenn die baskischen Separatisten vorab einige Bedingungen erfüllen, „um ihre ernsthaften Absichten zu bekunden, von der Gewalt abzulassen und den Frieden zu suchen“. So lautete am Dienstag nachmittag die Reaktion des „Paktes zur Befriedung und Normalisierung des Baskenlandes“ auf den einwöchigen Waffenstillstand der baskischen Separatistenorganisation ETA, der am Montag in Kraft getreten war.

Die Bedingungen des vor acht Jahren ins Leben gerufenen Paktes, dem bis auf die ETA-nahe Herri Batasuna (HB) alle im baskischen Parlament vertretenen Parteien angehören: die sofortige Freilassung des vor fünf Monaten entführten Gefängnisbeamten José Antonio Ortega Lara, eine Verlängerung der Feuerpause sowie die Anerkennung des „Pluralismus der politischen Optionen, die im baskischen Volk existieren“.

Falls ETA darauf eingeht, wollen sich die baskischen Parteien mit Herri Batasuna – dem politischen Arm der ETA-Linksnationalisten – an einen Tisch setzen, um über eine Lösung des bewaffneten Konfliktes um die Unabhängigkeit des Baskenlandes nachzudenken. Erstmals seit den gescheiterten Verhandlungen 1989 zwischen der damaligen Regierung von Felipe González und der Führung der Separatisten kommt damit wieder Hoffnung auf eine politische Lösung im mit fast 40 Jahren ältesten bewaffneten Konflikt in Europa auf.

Allerdings sind sich die baskischen Parteien über die Grenzen ihres Handlungsspielraumes bewußt. Die mit dem Waffenstillstand verbundenen Forderungen der ETA nach „Anerkennung des Rechts auf Selbstbestimmung des Baskenlandes (...) und eine eindeutige Willensbekundung, das Ergebnis einer demokratischen Debatte zwischen allen baskischen Bürgern zu akzeptieren“, richten sich an die Regierung in Madrid. Nur wenn die Regierung von José Maria Aznar darauf eingeht, wollen die Separatisten ihren Waffenstillstand unbefristet über den 1. Juli hinaus verlängern.

Dazu kommen bisher aus Madrid nur harsche Worte. Noch am Sonntag, wenige Stunden nach der Veröffentlichung des ETA-Textes in der baskischen Tageszeitung Egin, sprach Regierungssprecher Miguel Angel Rodriguez von einer Falle der ETA, um die demokratischen Parteien auseinanderzubringen. Eine Haltung, die bei der im Baskenland regierenden Baskisch- Nationalistischen Partei (PNV) auf Kritik stößt.

Für die bürgerlichen baskischen Nationalisten ist das Waffenstillstandsangebot das Ergebnis innerer Flügelkämpfe der ETA und ihrem politischen Umfeld, bei denen sich momentan der gemäßigtere Flügel durchgesetzt hat. „Deshalb gilt es die Situation genau zu analysieren und nichts zu überstürzen“, sagt PNV-Sprecher Joseba Egibar.

Der Vorsitzende der PNV- Abspaltung „Baskische Solidarität“ (EA), Carlos Garaikoetxea, warnt ebenfalls: „Mit großtönenden Sprüchen löst man keine Probleme. Es braucht ernsthaftes und diskretes Herangehen.“

Gerade hierbei scheint sich der neue konservative Innenminister Jaime Mayor Oreja schwerzutun. Wie die Tageszeitung El Pais berichtet, bestanden vor dem Regierungswechsel im letzten Mai vielversprechende Kontakte zwischen der von ETA zu ihrer Verhandlungsdelegation ernannten Exilszene in Santo Domingo und dem Innenministerium in Madrid. Als Vermittler fungierte der argentinische Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel und die Stiftung zur Konfliktbewältigung des ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter.

Als Mayor Oreja das Amt übernahm, brach er alle Kontakte ab. Eine Entscheidung, die er jetzt – wo die Zeit läuft und Sondierungsgespräche mit der ETA-Führung hinter der Bühne notwendiger wären denn je – bereuen könnte. Reiner Wandler

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