Verhandlung um Rauchverbot: Ausnahme Dancefloor
Anders als in Kneipen herrscht in baden-württembergischen Diskotheken ein absolutes Rauchverbot. Auch, wenn sie mehrstöckig sind und Nebenräume haben.
KARLSRUHE taz Im dritten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ging es gestern um die Sonderprobleme von Diskotheken. Geklagt hatte die Großraumdisco "Musikpark" aus Heilbronn. Sie verfügt über fünf Räume mit drei Dancefloors auf zwei Stockwerken. Doch keinen der fünf Räume darf sie als "Rauchertanzraum" einrichten. Für Discos gilt in Baden-Württemberg ein besonders strenges Rauchverbot. Ausnahmen für Nebenräume sind - anders als in Gaststätten - nicht vorgesehen. Auch Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind ähnlich streng.
"Es ist besonders ungesund, wenn an Orten geraucht wird, wo Menschen sich bewegen", erklärte Sozialministerin Monika Stolz (CDU) zur Begründung. Außerdem fürchtete der Gesetzgeber, dass aufgrund des Gruppendrucks sich am Ende doch alle auf dem Raucher-Dancefloor aufhalten.
Auch die Discobetreiber sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Sie haben 30 Prozent Umsatzrückgang registriert, weil etwa 60 Prozent ihrer Besucher Raucher waren. Besonders ärgert sie, dass in Festzelten, wo ebenfalls getanzt werde, keinerlei Rauchverbot gilt. "Das ist eine nicht nachvollziehbare Ungleichbehandlung", kritisierte Anwalt Moench.
Der Anwalt der Länder, Hans-Jörg Birk, begründete die Ausnahme für Festzelte mit deren guter Durchlüftung und dass solche Zelte stets nur befristet aufgestellt würden. Das schien die Verfassungsrichter nicht zu überzeugen. Der Mediziner Friedrich Wiebel vom Aktionsbündnis Nichtrauchen hatte in Festzelten nachgemessen und ähnlich hohe Schadstoffkonzentrationen gemessen. "In manchen Regionen stehen ständig Festzelte, auch wenn es immer wieder andere sind", so Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier.
Gut möglich, dass die Verfassungsrichter die Raucherlaubnis in Festzelten beanstanden werden. Den Klägern vom Heilbronner "Musikpark" wäre allerdings lieber, sie dürften künftig auch den Rauchern unter ihren Gästen ein Angebot machen. Ein denkbarer Kompromiss könnte die Lounge-Lösung sein, die bereits in Rheinland-Pfalz und Thüringen gilt: Dort dürfen Discos Nebenräume für Raucher einrichten, in denen dann aber nicht getanzt werden darf.
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