Verhaftung von Doğan Akhanlı in Spanien: Empörte Reaktionen aus Deutschland
Die spanische Polizei nimmt auf Bitten der Türkei einen kritischen Schriftsteller im Urlaub fest. Der nächste Streit zwischen Berlin und Ankara bahnt sich an.
Gabriel telefonierte am Samstagabend mit seinem spanischen Kollegen Alfonso Dastis, wie das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte. Dabei habe er den Wunsch geäußert, dass Akhanli nicht an die Türkei ausgeliefert und Deutschland in das Auslieferungsverfahren einbezogen wird. Außerdem habe er um schnellstmögliche konsularische Betreuung des Schriftstellers gebeten. Zuvor hatte sich schon die deutsche Botschaft in Madrid mit entsprechenden Wünschen an die spanische Regierung gewandt.
Der türkischstämmige Kölner Schriftsteller war am Samstag im Urlaub in Spanien auf Betreiben der Türkei festgenommen worden. Akhanlı lebt seit seiner Flucht aus der Türkei 1991 in Deutschland und hat ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft.
In Deutschland löste die Festnahme Empörung aus. Es sei ein Skandal, wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan in der Türkei unschuldige Menschenrechtsaktivisten und Journalisten verhaften lasse, sagte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. „Wenn er dies nun auch außerhalb des Territoriums der Türkei versucht, müssen wir uns als Europäer dem entschlossen entgegenstellen und sagen: so nicht!“
Verbände protestieren
Grünen-Chef Cem Özdemir forderte, die polizeiliche Zusammenarbeit der EU mit der Türkei neu zu bewerten. „Gegner des türkischen Regimes dürfen in Europa künftig nicht ungeprüft als Kriminelle verhaftet werden“, sagte er dem „Tagesspiegel“. „Wie weit wollen wir Erdogan in Europa noch kommen lassen?“, fragte Linke-Chefin Katja Kipping.
Die Schriftstellervereinigung PEN vertrat die Ansicht, das Verfahren gegen Akhanlı sei „eindeutig politisch motiviert“. PEN-Vizepräsident Sascha Feuchert und viele Politiker forderten die spanischen Behörden auf, den Autoren keinesfalls an die Türkei auszuliefern und sofort freizulassen.
Der Journalistenverband DJV rief Journalisten dazu auf, sich vor Auslandsreisen beim Bundeskriminalamt über mögliche Haftbefehle oder Fahndungen im Ausland zu informieren. Man rate türkeikritischen Kollegen „dringend“, eine Selbstauskunft beim BKA zu beantragen. Die Festnahme Akhanlıs auf Betreiben der Türkei sei als Warnzeichen zu verstehen, sagte der Bundesvorsitzende Frank Überall. „Journalisten brauchen Klarheit darüber, ob ein unbeschwerter Urlaubstrip ins Ausland im Knast endet.“
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