■ Vergewaltigung in der Ehe ist jetzt strafbar: Ein wichtiger Kompromiß
Jetzt ist es durch: Vergewaltigung in der Ehe ist strafbar. Was vorliegt, ist ein schaler Kompromiß, und lange gedauert hat es auch. Seit 20 Jahren fordern Feministinnen ein solches Gesetz, in den 70er Jahren scheiterten sozialdemokratische Politikerinnen mit ihrem damaligen Entwurf knapp, und das Antidiskriminierungsgesetz der Bündnisgrünen endete mit der deutschen Einheit. Als das Europäische Parlament 1986 forderte, Vergewaltigung innerhalb und außerhalb der Ehe in allen Mitgliedsländern rechtlich gleich zu behandeln, reagierte Italien als erstes Land, Großbritannien folgte, und nun konnten sich also auch die deutschen ChristdemokratInnen nicht mehr gegen das öffentliche Bewußsein sperren.
Was die CDU letztlich dazu bewegt hat, einzulenken, darüber läßt sich nur spekulieren. Sie hat sich allerdings keineswegs von dem grotesken Mißverständnis verabschiedet, der Staat könne seinen Auftrag aus Artikel 6 der Grundgesetzes zum „besonderen Schutz von Ehe und Familie“ durch besondere Schutzlosigkeit der Ehefrau erfüllen. Das zeigt die im Gesetz enthaltene Widerspruchklausel, die besagt, das auf Wunsch der Frau das Verfahren wieder eingestellt werden kann. Kein anderes Offizialdelikt ist mit einer solchen Klausel versehen. Durch die Klausel unterscheidet das Gesetz eben doch zwischen Vergewaltigungen innerhalb und außerhalb der Ehe. Eine besondere Unverschämtheit ist, daß das Gesetz behinderte Frauen diskriminiert: Ihre Vergewaltigung wird mit einer Mindeststrafe von einem Jahr gegenüber zwei Jahren bei Nichtbehinderten bestraft.
Eine frauenpolitische Bankrotterklärung sei das Gesetz, so die nordrhein-westfälische Gleichstellungsministerin, Ilse Ridder-Melchers. Aber das Gesetz wurde unter anderem so lange verhindert, weil es ein empfindlicher Schlag gegen das uneingeschränkte Recht des Ehemannes auf die sexuellen Dienste seiner Frau ist. Wenn es offensiv genutzt wird, kann es eine Hilfe dabei sein, Frauen klarzumachen, daß ihr Mann eben nicht immer darf, wenn er will. Auch das Unrechtsbewußtsein von vergewaltigenden Ehemännern steigt durch ein solches Gesetz, das haben Untersuchungen in Schweden gezeigt.
Es wäre also falsch, jetzt zu jammern. Auch wenn es nicht passiert: Am besten wäre es, wenn alle Frauen ihre Rechte wahrnehmen und ihre Ehemänner nach einer Vergewaltigung anzeigen würden. Dann stünden nächstes Jahr zirka 70.000 Männer deswegen vor Gericht. Vergewaltigung ist eines der häufigsten Gewaltdelikte gegen Frauen. Karin Gabbert
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