Verfilzte Medienaufsicht in Bayern: Fernseh-Lizenzen in aller Freundschaft

Ein Lizenznehmer hatte dem Präsident der Landesmedienzentrale Kredite gewährt. Als das rauskommt, geht man auf Distanz – nur um einem anderen Kreditgeber eine Lizenz zuzuschustern.

Treffen des Medienrats: Nach welchen Kriterien werden Lizenzen vergeben? Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Wenn man Wolf-Dieter Ring in diesen Tagen bei der Arbeit zusieht, kann man den Eindruck bekommen, als hätte es das alles nicht gegeben: die Korruptionsaffäre, die peinlichen Enthüllungen, den öffentlichen Druck.

Noch vor wenigen Wochen stand Bayerns oberster Medienwächter kurz vor dem Ende. Die Opposition im Bayerischen Landtag forderte offen seinen Rücktritt. Selbst Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte sich von Ring distanziert und "Aufklärung ohne Rücksicht auf die Person" versprochen. Der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) wirkte damals angeschlagen, beinahe verunsichert.

Doch an diesem Nachmittag eilt Ring durch die Tagesordnung, als könne ihn nichts stoppen. Im Sitzungssaal hat sich der Medienrat getroffen, das oberste Gremium der BLM. Er soll die Lizenz für ein Programmfenster auf RTL und Sat.1 neu vergeben. Ring sagt: RTL werde auf jeden Fall gegen die Entscheidung klagen. Sat.1 habe das schon getan. Die Konzentrationskommission KEK habe ihn schriftlich aufgefordert, die Abstimmung zu verschieben. Ring aber stört das nicht: Man werde trotzdem abstimmen, erklärt der Präsident - und so kommt es dann auch.

Bis jetzt gehörte die Lizenz für das Programmfenster einer Firma namens Camp TV. Einer der Camp-TV-Gesellschafter hatte dem damaligen Vorsitzenden des Medienrats, Klaus Kopka, Kredite über 215.000 Euro gewährt. Ring wusste davon schon seit 2003. Er schwieg sechs Jahre lang - und versuchte noch in diesem Frühjahr, eilig die Lizenz von Camp TV zu verlängern. Dann berichtete die Presse über den dubiosen Geldverleih, der natürlich nur in aller Freundschaft zustande gekommen war.

Während die Politiker noch über Konsequenzen diskutierten, ging Ring eilig auf größtmögliche Distanz zu Camp TV. Die Lizenz wurde neu ausgeschrieben, Camp TV bekam einen Bußgeldbescheid über 100.000 Euro. Firmen bekannter Camp-TV-Akteure schieden im Wettbewerb um die neue Lizenz auffallend früh aus. In BLM-Unterlagen heißt es trocken: Camp TV habe "intransparente Finanzstrukturen" und sei der "planmäßigen und dauerhaften Verbreitung von Schleichwerbung" verdächtig. Solche Vorwürfe gab es schon frühzeitig, doch jahrelang hatten die BLM und Ring daran nur wenig auszusetzen.

Und jetzt geht es lustig weiter im TV-Stadl: Gegen die Stimmen von FDP und Grünen beschloss der Medienrat am Donnerstag vergangener Woche, einen Großteil der Lizenz an einen Zusammenschluss lokaler Anbieter zu vergeben, die TV-Bayern GmbH. "Die Vielfalt wird durch Regionalität gesichert", jubelt Bayerns Medienminister Siegfried Schneider (CSU). Doch hinter den Lokalsendern steckt die Firma "Die Neue Welle Rundfunk-Verwaltungsgesellschaft".

An ihr hält der Unternehmer Gunther Oschmann 55 Prozent, die restlichen Anteile gehören Familienmitgliedern. Oschmann ist ein alter Bekannter: Auch er hatte einen privaten Kredit an den Medienkontrolleur Kopka vergeben. Trotzdem hat plötzlich auch die SPD ihre Rücktrittsforderung gegen Ring kassiert, die Landesregierung steht sowieso wieder voll hinter dem BLM-Chef und dem von ihm durchgedrückten neuen Konzept für das umstrittene Wochenend-Fensterprogramm. Nur der Abgeordnete Tobias Thalhammer vom kleinen Koalitionspartner FDP nennt Oschmanns Firmenkonstruktion dagegen weiter ein "Ukw-Kartell".

Nach der neuen Geschäftsordnung der BLM müssen Medienräte übrigens melden, wenn sie Darlehen von Medienunternehmern annehmen - und dürfen nicht mehr über das betreffende Unternehmen abstimmen. Wow!

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