Verfassungsreferendum in Usbekistan: Noch ausbaufähig
Die Verfassungsänderungen in Usbekistan sollen demokratische Reformen ermöglichen. Doch ob Präsident Mirziyoyew es ernst meint, wird sich erst zeigen.
Auf dem Weg in eine freiere Zukunft? Foto: dpa
Auf die Wähler*innen in Usbekistan ist Verlass – sie haben geliefert: Über 90 Prozent stimmten am Sonntag zahlreichen Änderungen der Verfassung von 1992 zu. Das Votum macht auch den Weg frei für eine Verlängerung der Amtszeit von Präsident Shavkat Mirziyoyew. Der könnte, seit 2016 an der Macht, den Usbek*innen bis 2040 auf seinem Posten erhalten bleiben.
Das Szenario erinnert fatal an Mirziyoyews autoritären Vorgänger Islam Karimow, der sich mit genau denselben juristischen Tricksereien 25 Jahre an der Staatsspitze sicherte. Regierungstreue Stimmen, aber auch wohlmeinende westliche Beobachter*innen und Politiker*innen verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass Mirziyoyew das zentralasiatische Land gegenüber dem Ausland geöffnet habe. Zudem beträfe ein Teil der Verfassungsänderungen grundlegende Rechte der Bürger*innen – was reale Möglichkeiten für echte demokratische Reformen eröffne.
Während ersteres stimmt, ist letzteres noch längst nicht ausgemacht. Eine Opposition ist nicht existent, grundlegende Änderungen des politischen Systems lassen auf sich warten, die Bilanz in Sachen Grund- und Menschenrechte ist ausbaufähig. Erst im März beklagten 50 Medienschaffende und Aktivist*innen in einem offenen Brief an Mirziyoyew ernsthafte Hindernisse, wachsenden Druck und Einschüchterung. Auch die Verurteilung vermeintlicher Drahtzieher der Proteste vom vergangenen Juli in der autonomen westusbekischen Republik Karakalpakstan zu teils drakonischen Haftstrafen – Misshandlungen und Folter inklusive – spricht jeglichen rechtsstaatlichen Grundsätzen Hohn.
Mitte dieser Woche wird Shavkat Mirziyoyew zu einem Staatsbesuch in Deutschland erwartet. Der Präsident bringe ein neues Usbekistan mit, kündigte der Vize-Direktor des Taschkenter Instituts für Strategische und Interregionale Studien, Akramjon Nematow, an. Doch so einfach ist es nicht. Den Beweis dafür, dass er es mit seinen Reformversprechen auch jenseits von Handelsbeziehungen und Investitionen ernst meint, muss Mirziyoyew erst noch antreten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und hochrangige Regierungsvertreter*innen sollten die Gelegenheit nutzen, um ihren Gast mit Nachdruck daran zu erinnern.
Verfassungsreferendum in Usbekistan: Noch ausbaufähig
Die Verfassungsänderungen in Usbekistan sollen demokratische Reformen ermöglichen. Doch ob Präsident Mirziyoyew es ernst meint, wird sich erst zeigen.
Auf dem Weg in eine freiere Zukunft? Foto: dpa
Auf die Wähler*innen in Usbekistan ist Verlass – sie haben geliefert: Über 90 Prozent stimmten am Sonntag zahlreichen Änderungen der Verfassung von 1992 zu. Das Votum macht auch den Weg frei für eine Verlängerung der Amtszeit von Präsident Shavkat Mirziyoyew. Der könnte, seit 2016 an der Macht, den Usbek*innen bis 2040 auf seinem Posten erhalten bleiben.
Das Szenario erinnert fatal an Mirziyoyews autoritären Vorgänger Islam Karimow, der sich mit genau denselben juristischen Tricksereien 25 Jahre an der Staatsspitze sicherte. Regierungstreue Stimmen, aber auch wohlmeinende westliche Beobachter*innen und Politiker*innen verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass Mirziyoyew das zentralasiatische Land gegenüber dem Ausland geöffnet habe. Zudem beträfe ein Teil der Verfassungsänderungen grundlegende Rechte der Bürger*innen – was reale Möglichkeiten für echte demokratische Reformen eröffne.
Während ersteres stimmt, ist letzteres noch längst nicht ausgemacht. Eine Opposition ist nicht existent, grundlegende Änderungen des politischen Systems lassen auf sich warten, die Bilanz in Sachen Grund- und Menschenrechte ist ausbaufähig. Erst im März beklagten 50 Medienschaffende und Aktivist*innen in einem offenen Brief an Mirziyoyew ernsthafte Hindernisse, wachsenden Druck und Einschüchterung. Auch die Verurteilung vermeintlicher Drahtzieher der Proteste vom vergangenen Juli in der autonomen westusbekischen Republik Karakalpakstan zu teils drakonischen Haftstrafen – Misshandlungen und Folter inklusive – spricht jeglichen rechtsstaatlichen Grundsätzen Hohn.
Mitte dieser Woche wird Shavkat Mirziyoyew zu einem Staatsbesuch in Deutschland erwartet. Der Präsident bringe ein neues Usbekistan mit, kündigte der Vize-Direktor des Taschkenter Instituts für Strategische und Interregionale Studien, Akramjon Nematow, an. Doch so einfach ist es nicht. Den Beweis dafür, dass er es mit seinen Reformversprechen auch jenseits von Handelsbeziehungen und Investitionen ernst meint, muss Mirziyoyew erst noch antreten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und hochrangige Regierungsvertreter*innen sollten die Gelegenheit nutzen, um ihren Gast mit Nachdruck daran zu erinnern.
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Kommentar von
Barbara Oertel
Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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