piwik no script img

Verfassungsklage in FrankreichFilesharern das Netz kappen

In Frankreich will die konservative Regierung Filesharern das Netz kappen. Nachdem ein erstes Gesetz am Verfassungsrat scheiterte, wurde nun ein zweites verabschiedet. Die Opposition klagt erneut.

Kabel gekappt - in Frankreich wird eifrig um die "Three Strikes" Regelung gerungen. Bild: Paul Heaberlin - Lizenz: CC-BY-SA

Eigentlich galt das so genannte HADOPI-Gesetz bereits als tot: Die konservative französische Regierung unter Mitwirkung des Präsidenten Nicolas Sarkozy plante damit drakonische Strafen gegen Filesharer. Das Konzept: Wer drei Mal beim Herunterladen von urheberrechtlich geschützten Film- oder Musik-Dateien erwischt worden ist, verliert seinen Internet-Zugang mehrere Monate lang, im Wiederholungsfall noch länger.

Entschieden werden sollte das nach dem Willen der konservativen Regierung von einer eigenen Behörde - eine richterliche Kontrolle war hierbei nicht vorgesehen. Da wollte die sozialistische Opposition allerdings nicht mitspielen: Sie rief den französischen Verfassungsrat an, der HADOPI prompt in wichtigen Teilen kassierte.

Doch Sarkozy und seine Regierung wollten, unterstützt von der Medienindustrie, nicht aufgeben: Sie brachten eine zweite Version des auch als "Three Strikes" bezeichneten Modells in das Parlament ein und verschärften es sogar um Bußgelder in bis zu sechsstelliger Höhe. Eine neuerliche Verfassungsbeschwerde will man nun verhindern, indem ein Richter im Schnellverfahren eingebunden wird. Auf diese Weise ging das HADOPI II-Gesetz durch das von den Konservativen beherrschte Parlament.

Die Sozialisten wollen nun auch ein zweites Mal klagen. Wie in dieser Woche bekannt wurde, werden sie auch HADOPI II durch den Verfassungsrat überprüfen lassen. So sei das geplante Schnellverfahren ein Widerspruch zur Gewaltenteilung, die eigens eingerichtete Urheberrechtsbehörde gebe weiterhin die Richtung vor, der Richter dürfe nur absegnen.

Zudem sei es nicht verfassungsgemäß, dass laut HADOPI II selbst Menschen, die Urheberrechtsverletzungen anderer über ihr Netz aus Nachlässigkeit erlaubten (etwa durch wenig oder gar nicht gesicherte WLAN-Netze), ihren Anschluss verlieren könnten. Außerdem lasse sich das neue Gesetz nicht überall im Land umsetzen, da es technische Probleme gebe.

Der Verfassungsrat hat nun einige Wochen Zeit, das neue Gesetz zu beurteilen. Aktivisten wie die Bürgerrechtler der Vereinigung "La Quadrature Du Net" hoffen, dass auch HADOPI II scheitern wird. In Deutschland könnte die Diskussion um ähnliche Regelungen unterdessen aufflammen: Mehrere CDU-Politiker haben bereits Interesse am "französischen Modell" gezeigt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

5 Kommentare

 / 
  • N
    Nocheinkommentator

    @Bionca

    Streaming ist rechtlich genauso illegal wie jeder andere down & upload von urheberrechtlich geschütztem Material, und dabei nichtmal verschlüsselt, d.h. man tut seinen sogenannten Diebstahl sogar öffentlich. Das Gesetz dürfte Streaming auf jeden Fall einschließen.

  • BK
    Bionca Knowless

    Filesharer ?

    Gibts die noch ?

    Mein Download-Rechner ist seit Wochen aus.

    Schau und hör mir jetzt alles direkt über Streams an.

    @ Martin

    Das wichtigste hast du vergessen: Notebooks, Netbooks etc. Und dazu ist jede Grossstadt inzwischen voll mit kostengünstigen bis kostenlosen WLANs.

  • W
    WeedWeed

    "Mehrere CDU-Politiker haben bereits Interesse am "französischen Modell" gezeigt."

     

    Komisch richtung holland oder schweiz ist die cdu doch auch blind, wenn ihnen aber was gefaellt da sehen die ploetzlich sehr gut oder wie?

     

    Ich bin steuerzahler und hab die CDU/CSU nicht gewaehlt, ich fuehle mich durch deren politik unterdrueckt und bedroht.

     

    Die bauerhafte bild zeitungs partei CDU ist doch die groesste bedrohung ueberhaupt.

  • M
    Martin

    Was man auch von der Grundidee halten mag, sie ist nicht praktikabel. Wie schon erwähnt, was tun bei einem Mehrpersonenhaushalt? Vielleicht läßt mich mein Nachbar per WLAN mitsurfen, ich kann ins Internetcafé, wie will man bei einem Umzug die Einhaltung überwachen, müssen alle privaten Anbieter ihre Kunden an eine Behörde melden? Wie will man sicherstellen, daß sich der Betroffene kein Sky-DSL anschafft?

  • T
    T.H.

    Ich frage mich eigentlich, wie die Rechte dieses Verfahren durch eine Prüfung beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen will. Stichwort: Recht auf ein ordentliches Gerichtsverfahren Art. 6 der Menschenrechts-Charta.

     

    Was ist mit der Sippenhaft: einer lädt runter und die ganze Familie muss es ausbaden. Was ist mit der Unschuldsvermutung - sobald mehrere Personen sich den gleichen Internetzugang teilen, bin ich gespannt, wie man einer Person im Speziellen den "Missbrauch" eines Internetzugangs beweisen will, um die Strafe aussprechen zu können.

     

    Hmmm... Dem Liberalen in mir, dreht sich jedenfals bei dem Gedanken, dass die ersten Politstümper so ein System auch für D-Land wollen der Magen um. Wann kommt endlich eine Generation Politiker an die Schalthebel, die mehr mit dem internet anzufangen weiß, als stupende Browsergames zu spielen?