Verfassungsgericht beschränkt Mandat der Studi-Vertreter: Die Wiederkehr der Zensur
Darf der Vorsitzende einer Studentenvertretung zur Weltrevolution aufrufen? Oder soll er sich damit begnügen, Mensa-Speisekarten und Erstsemester-Rallyes zu diskutieren, und sich also streng auf inneruniversitäre Angelegenheiten beschränken? Um diese Fragen wird schon lange juristisch gerungen. Nun hat das Verfassungsgericht in Nordrhein-Westfalen den Zensor für Studentenfunktionäre wieder eingeführt. Nicht nur in Pressemitteilungen, nein auch in ihren Zeitschriften und Veranstaltungen sollen sich die Studentenausschüsse künftig auf Hochschulpolitik konzentrieren. Das widerspricht dem Geist der Hochschule.
Natürlich sollten AstA-VertreterInnen ruhig mal das Studierendenparlament oder eine Vollversammlung einberufen, ehe dröhnende Erklärungen über Kurdistan und Kuba abgesondert werden. Selbstbeschränkung täte hier manchmal gut. Aber warum mussten die Verfassungsrichter nun auch noch den politischen Bildungsauftrag der Studentenverteter beschneiden? Was soll es bedeuten, dass Beiträge von Dritten in Asta-Publikationen „nicht den zentralen Teil und Inhalt der Veröffentlichung ausmachen“ dürfen? Wer, außer dem rutenschwingenden Pedell der mittelalterlichen Uni, sollte das kontrollieren?
Es ist verrückt, dass sich auch die Nachdenklichen unter den Richtern von den zwanzigjährigen Dauerklagen reaktionärer Studenten haben mürbe machen lassen. Es geht um existenzielle Fragen, die oft nur aus der Uni heraus thematisiert werden können: Genforschung, digitale Welt, Atomenergie, alltäglicher Rassismus, auch die Zukunft des Sozialstaats. Das darf nicht mit der eingeschränkten Tiefenschärfe des Boulevards diskutiert werden. Daran müssen sich die Studentenvertreter beteiligen dürfen. Dass sie dabei weder objektiv noch ausgewogen sind, versteht sich von selbst. Was also soll der Zensor?
Christian Füller
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