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■ Verblüffend einfach: Drogentrocknen in der MikrowelleGrüne Zigaretten sind die Ausnahme

Göttingen (taz) – Drogentrocknung in der Mikrowelle – ein Vorhaben, das bei eifrigen Zollfahndern die Alarmglocken schrillen läßt und vor dem Hintergrund teilweise hektischer Diskussionen über die Haschisch- und Heroinfreigabe nahezu kriminell erscheint. Dessen ungeachtet beschäftigen sich gegenwärtig gleich zwei Universitätsinstitute in Göttingen und Graz mit der „Mikrowellentrocknung von Arzneidrogen und ihre Auswirkung auf die therapeutisch relevanten Inhaltsstoffe“. Was der ebenso klangvolle wie unverständliche Name vernebelt: Die Forscher wollen herausfinden, wie fix die elektrischen Wellen Heilkräutern die Feuchtigkeit entziehen und sie zu pflanzlichen Medikamenten und Genußmitteln umwandeln können.

Erste Tests mit wilden Pflanzen, so Professor Wolfgang Lücke vom Göttinger Institut für Agrartechnik, seien so erfolgreich verlaufen, daß man die befreundeten österreichischen KollegInnen im vergangenen Jahr um logistische Unterstützung gebeten habe. Alle zwei bis drei Wochen schicken die Grazer seither frisch geerntete Heilpflanzen wie Minze, Tabak, Salbei, Walnußblätter und Buchweizenkraut per Luftfracht nach Hannover, von wo sie in einer Kühlbox nach Göttingen geschafft werden. Gewaschen und beschnitten kommen die Pflanzen dann in die Mikrowelle – eine Apparatur, die zwar das Gehäuse einer haushaltsüblichen Anlage aufweist, deren technische Innereien jedoch um diverse Meßgeräte, Thermometer und Sensoren ergänzt wurden. Alle Instrumente sind mit einem zentralen Computer verbunden, was die Dokumentation der Meßergebnisse ermöglicht.

Die Trocknung vollzieht sich meist rasend schnell. Für die Fingerhutpflanze Digitalis etwa, mit deren Blätterextrakten Herzschwächen kuriert werden können, benötigt die Mikrowelle ganze 18 Sekunden, wohingegen die konventionelle Trocknung an der Luft vier Tage dauert. Manche Kräuter, erläutert Professor Lücke, würden vor dem Schmoren im Elektroofen allerdings „individuell präpariert“. Auf sich schnell entflammende „antennenartige Samenstände“ müsse man besonders achtgeben.

Der Rücktransport der getrockneten Produkte nach Graz habe schon mehrmals „Diskussionen mit aufmerksamen Zöllnern mit sich gebracht“, schreibt die Pressestelle der Göttinger Universität. Trotzdem sei bislang jede Lieferung angekommen und von Drogenkundlern des Institutes für Pharmakologie unter die Lupe genommen worden. Die sind mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden. Die mikrowellentechnisch gewonnenen Drogen wiesen nicht nur denselben Wirkstoffgehalt wie herkömmlich getrocknete auf, sondern hätten auch ein schöneres, weil natürlicheres Aussehen, was wiederum – etwa für den Verkauf von Kamillenblütentee – „entscheidende Vermarktungsfaktoren“ sein könnten. Was sich in einem Fall positiv auswirkt, wird im nächsten allerdings zur Tücke, denn „mikrowellenbehandelter Tabak liefert zwar ein ansehnliches Blatt, grüne Zigaretten jedoch sind wohl nicht an den Käufer zu bringen“. Die giftgrünen Glimmstengel gelten jedoch als Ausnahme. Unter dem Strich, glauben die beteiligten Wissenschaftler, könnten die Drogen aus der Mikrowelle den Durchbruch schaffen. Momentan richten die beiden Institute ihre Hoffnungen auf die Bereitstellung von Forschungsmitteln der Europäischen Union zur Finanzierung einer weiteren Anlage in Graz. Damit, so Professor Lücke, könnten dann auch „stückige Produkte“, wie zum Beispiel Zwiebeln, deren Behandlung bislang noch nicht möglich sei, getrocknet werden. Reimar Paul

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