Verbaler Ausrutscher: Berlusconi zitiert Mussolini
Mit den Worten eines Faschisten: Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi soll bei einer Pressekonferenz in Paris mit einem Zitat des Diktators Mussolini geantwortet haben.
PARIS/ROM dpa/afp | Der für seine verbalen Ausrutscher bekannte italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi sorgt mit einem Zitat des Diktators Benito Mussolini für Schlagzeilen. Bei einer Pressekonferenz der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OSZE) in Paris soll er am Donnerstagabend seinen gerade angekündigte Sparplan zur Senkung der Staatschulden mit den Worten des Faschisten Mussolini verteidigt haben.
Nach einem Bericht des Mailänder Corriere della Sera vom Freitag antwortete Berlusconi auf die Frage, ob der Sparplan ihn die kommenden Wahlen und damit seine Macht kosten könne: "Ich wage es, einen Satz von jemandem zu zitieren, der als großer Diktator galt, nämlich Mussolini: 'Man sagt, dass ich Macht habe, aber es sind meine (Partei-)Hierarchien, die sie haben, ich kann nur sagen, ob mein Pferd rechts oder links geht.'" So gehe es ihm auch, meinte Berlusconi zu dem Zitat aus Mussolinis Tagebuch: "Jeder kann mich kritisieren oder sogar beschimpfen."
Dass er auf seinem Posten nicht genügend Macht habe, beklagt Berlusconi immer wieder. Bei der jüngsten Kabinettsentscheidung über ein striktes Sparprogramm musste er sich offensichtlich seinem Wirtschaftsminister Giulio Tremonti beugen. Italiens größte Oppositionspartei PD (Demokratische Partei) geißelte den Rückgriff auf Gedankengut des Diktators als weiteren Schnitzer Berlusconis und als Verniedlichung der faschistischen Vergangenheit.
In Italien werfen Kritiker Berlusconi seit langem einen undemokratischen Regierungsstil und seine strikte Kontrolle über zentrale Medien vor. Linke Intellektuelle in Italien beschuldigen Berlusconi dabei immer wieder, eine Regierungsweise eingeführt zu haben, die an den Faschismus erinnere. 2003 hatte sich Berlusconi für die Aussage entschuldigen müssen, der Diktator Mussolini habe "niemanden getötet".
Benito Mussolini, der sich "Duce" ("Führer") nennen ließ, übernahm ab 1922 die Macht in Italien und verbündete sich mit Hitler. Er wurde 1943 abgesetzt. Italienische Widerstandskämpfer erschossen ihn 1945, als er nach Deutschland fliehen wollte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Neue EU-Kommission
Es ist ein Skandal
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative