Verärgert über "Focus"-Titel: Griechen für Boykott deutscher Waren

Was der islamischen Welt eine dänische Karikatur, ist den Griechen ein "Focus"-Titelbild - nur dass in Griechenland nicht religiöse Kräfte, sondern ein Verband von Einzelhändlern zum Boykott aufruft.

Den Nerv getroffen: Umstrittener "Focus"-Titel. Bild: dpa

ATHEN rtr/dpa | In Griechenland hat ein Einzelhandelsverband am Freitag zu einem Boykott deutscher Waren aufgerufen. Der Protest richtet sich gegen ein Titelbild des Magazins "Focus", das die Venus von Milo mit einem ausgestreckten Mittelfinger neben dem Schriftzug "Betrüger in der Euro-Familie" zeigt. "Wir fordern die deutsche Regierung auf, diese äußerst unangebrachte Publikation zu verurteilen", sagte der Präsident des griechischen Verbraucherinstituts, Giorgos Lakouritis. "Die Griechen sind keine Betrüger."

Der Verband ließ zahlreiche Protest-Flugblätter in der Innenstadt von Athen verteilen – unter anderem auch vor einer Filiale der deutschen Elektronikmarktkette Media Markt. "Die Verfälschung einer Statue der griechischen Geschichte, Schönheit und Zivilisation, die aus einer Zeit stammt, wo sie (die Deutschen) Bananen auf Bäumen gegessen haben, ist unverzeihlich und nicht hinnehmbar", heißt es auf dem Flugblatt.

Der Streit über europäische und damit auch deutsche Hilfen für das hoch verschuldete Griechenland belastet zunehmend die politischen Beziehungen. Der deutsche Botschafter in Griechenland, Wolfgang Schultheiss, hatte das "Focus"-Titelbild bereits bedauert und erklärt, Deutschland stehe auf der Seite Griechenlands. "Die Erklärung des Botschafters reicht nicht", sagte Verbandspräsident Lakouritis. "Wer solche Freunde hat, der braucht keine Feinde mehr."

Die Bundesregierung hat derweil die anhaltenden Vorwürfe aus Griechenland energisch zurückgewiesen, die Entschädigungszahlungen Deutschlands aus dem Zweiten Weltkrieg seien nicht vollständig geklärt. Die stellvertretende Regierungssprecherin Sabine Heimbach bekräftigte am Freitag in Berlin die Position, wonach Deutschland seinen Reparations-Verpflichtungen nachgekommen sei.

In Athen steht Berlin zunehmend am Pranger, da Deutschland sich bisher zurückhaltend über mögliche Hilfe für das hoch verschuldete Euro-Land geäußert hat. In der griechischen Regierung wurden zuletzt mehrfach die deutschen Wiedergutmachungszahlungen aus dem Zweiten Weltkrieg als weiterhin ungelöstes Problem kritisiert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou kommen am nächsten Freitag in Berlin zu Gesprächen zusammen. Themen bei dem Antrittsbesuch von Papandreou seien bilaterale, europapolitische sowie internationale Fragen. Sicher würden auch aktuelle Ereignisse erörtert, hieß es.

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