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Vattenfall zeigt ungeahnte Energie

Der Stromkonzern senkt die Preise um 1,7 Prozent und gibt eine Preisgarantie für 2008. Die Grünen halten das für einen "schlechten Witz": Erst vor sechs Monaten hatte der einstige Monopolist seine Preise um mehr als 6 Prozent erhöht

Jetzt etwas billiger in der Steckdose: Strom aus dem Vattenfall-Kraftwerk im brandenburgischen Jänschwalde Bild: DPA

Der Energiekonzern Vattenfall gerät offenbar durch den deutlichen Verlust von Kunden unter Druck. Am Montag kündigte das Unternehmen an, in Berlin seine Strompreise um 1,7 Prozent zu senken, rückwirkend zum 1. Januar. Erst im vergangenen Sommer hatte der einstige Monopolist seine rund 1,8 Millionen Berliner Kunden kräftig geschröpft und 6,5 Prozent mehr verlangt.

Der Preisnachlass von 1,7 Prozent bedeutet, dass durchschnittliche Kunden bei einer Gesamtrechnung von rund 630 Euro knapp 11 Euro jährlich weniger für ihren Strom zahlen müssen. Die Preissenkung soll bei der nächsten Jahresabrechnung berücksichtigt werden, so das Unternehmen. Zudem erhalten Kunden eine "Preisgarantie" für 2008. "Einsparungen bei den Netzkosten haben die Preissenkung möglich gemacht", sagte Olaf Weidener, Sprecher von Vattenfall Berlin. Die Kosten für die Nutzung der Netze waren vor kurzem von der Bundesnetzagentur reduziert worden.

Seit der Übernahme des Berliner Energieversorgers Bewag 2003 ist der eigentlich schwedische Konzern der größte Stromanbieter in der Stadt. Deutschlandweit rangiert Vattenfall hinter Eon und RWE auf Platz drei der größten Stromproduzenten. Der Wettbewerb auf dem Strommarkt war durch die Liberalisierung 1998 möglich geworden.

Vattenfall war im vergangenen Jahr wegen mehrerer Pannen in die Kritik geraten. In Berlin versandte der Konzern unvollständigen Preisinformationen, Pannen in den schleswig-holsteinischen Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel sorgten für bundesweite Schlagzeilen. Bundesweit haben 2007 rund 250.000 Haushalte der ursprünglich 3 Millionen Kunden ihren Vertrag bei Vattenfall gekündigt, Zahlen für Berlin gibt das Unternehmen nicht heraus. Dennoch bestreitet Vattenfall, dass der Image- und Kundenverlust der Grund für die Preissenkung in Berlin ist. "Wir setzen ein Signal in Richtung mehr Wettbewerb", so Olaf Weidener.

Für den Grünen-Energieexperten Michael Schäfer ist der Preisnachlass ein "schlechter Witz"; nach der letzten Preiserhöhung dürfe sich das Unternehmen nicht feiern lassen. Schäfer fordert Vattenfall auf, den günstigen Tarif "easy", für den bundesweit geworben werde, in Berlin als Standardtarif anzubieten.

Die Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Berlin, Gabriele Franke, sieht wieder "Bewegung auf dem Strommarkt". Doch auch sie weiß, dass trotz des Nachlasses der Strompreis noch deutlich über dem Niveau vom Juni 2007 liegt. "Besonders in der Grundversorgung sind die Preise bei Vattenfall am höchsten", sagt Franke. "Wir werden die zukünftige Preisgestaltung des Konzerns mit Argusaugen beobachten."

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