Vattenfall verklagt Deutschland: Zu hohe Umweltauflagen für Moorburg

Deutschland wird vor dem Weltbank-Gericht verklagt. Der schwedische Energiekonzern Vattenfall empfindet die Umweltauflagen für das Kohlekraftwerk Moorburg als zu hoch.

Obwohl auch die Grünen in Hamburg schließlich Moorburg zugestimmt haben, ist Vattenfall noch immer nicht mit dem Ergebnis zufrieden. Bild: dpa

BERLIN taz Deutschland wird erstmals vor dem Schiedsgericht der Weltbank verklagt. Kläger ist der schwedische Energiekonzern Vattenfall. Anlass sind die Wasserschutzauflagen, die der Hamburger Senat ihm für sein geplantes Kohlekraftwerk Moorburg gemacht hatte.

Unter der CDU-Regierung hatte Vattenfall im Herbst 2007 von Hamburg die Erlaubnis zum vorzeitigen Baubeginn erhalten. Die endgültige Genehmigung des Kraftwerks allerdings fiel in die Regierungszeit des im April 2008 konstituierten schwarz-grünen Senats. Die grüne Umweltsenatorin Anja Hajduk, die sich im Wahlkampf gegen den Bau eingesetzt hatte, hatte im Herbst die Baugenehmigung erteilt, dem Projekt allerdings eine Reihe ökologischer Schutzmaßnahmen auferlegt.

Vattenfall wollte der Elbe pro Sekunde 64.000 Liter Wasser zum Kühlen entnehmen. Das entspricht etwa dem Achtfachen dessen, was die gesamte Industrie Hamburgs derzeit benötigt. Das Kraftwerk müsse folglich weniger Strom produzieren, sagte Hajduk. Sie verpflichtete den Konzern, seine Leistung an 250 Tagen im Jahr zu drosseln.

Vattenfall hält diese Auflage für zu streng und zog deshalb im Oktober vor das Oberverwaltungsgericht Hamburg. Da die Baukosten durch die Verzögerung nach Konzernangaben bereits von 2 auf 2,6 Milliarden Euro gestiegen sind, machen die Schweden nun Druck: Ende des Jahres erfuhr die Bundesregierung, dass der Konzern eine Klage gegen Deutschland unter der Energie-Charta anstrengen wollte. Unter dieser kann der Kläger neben anderen internationalen Gerichtshöfen das Weltbank-Schiedsgericht für grenzüberschreitenden Investitionsstreit (ICSID) in Washington anrufen. Dieses verhandelt als einziges internationales Schiedsgericht öffentlich. Seine Einberufung kommt einer Bloßstellung gleich, da Deutschland nun mit Angeklagten wie Simbabwe und Venezuela in einer Reihe steht.

Ursprünglich stammt die Energie-Charta aus der Zeit des Kalten Krieges. Sie sollte den Energiehandel zwischen den europäischen und den ehemaligen Sowjetländern regulieren. "Es ist neu, dass jetzt mit einem schwedischen Investor und einem deutschen Angeklagten quasi zwei EU-Länder diese Charta gegeneinander verwenden", sagt Christian Schülke, Forscher für Energiepolitik beim französischen Institut für Internationale Beziehungen.

Die Klage erhöht den Druck auf die Bundesregierung, schnell eine Einigung mit Vattenfall zu finden. Sollte der Konzern Recht bekommen, drohen Schadenersatzforderungen. "In den meisten Fällen, die bisher unter der Energie-Charta verhandelt wurden, kam es zu einer außergerichtlichen Einigung", sagt Schülke. Zu solchen Einigungen veröffentlicht das ICSID keine Informationen.

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