: Vattenfall hat gut Lachen
STREIT ÜBERS STADTWERK
Große Töne spuckte die SPD-Fraktion diese Woche beim Streit über die Stadtwerke: „Wenn Verabredungen nicht mehr belastbar sind, hat eine Koalition ein Problem“, sagte ihr parlamentarischer Geschäftsführer über den Partner CDU. Den Genossen passte nicht, dass die CDU dem geplanten Stadtwerk verbieten will, Strom an der Strombörse in Leipzig zuzukaufen. Dort kann jeder Anbieter den Strom einkaufen, den er Kunden verkaufen will.
Doch die CDU hat sich an die Verabredung gehalten. Ende 2012 beschloss Rot-Schwarz, die Gründung eines Stadtwerks anzugehen. In den Antrag schrieben die Fraktionen: „Aufgabe des Unternehmens ist es, ausschließlich erneuerbare Energie zu produzieren und diese selbst produzierte Energie am Berliner Markt zu vertreiben.“ Nach diesem Satz fragte die taz die SPD in den vergangenen Monaten immer wieder: Bedeutet er, dass das Stadtwerk keinen Strom an der Strombörse kaufen darf? Die Antwort der SPD: Kunden würde solch ein Stadtwerk doch nur gewinnen, wenn es ausschließlich regionalen grünen Strom verkauft.
Klingt schön, ist aber naiv. Ein Stromversorger, der nicht an der Strombörse einkaufen darf – Vattenfall wird sich kaputtlachen. Das ist, als würde jemand einen Gemüseladen eröffnen, dafür aber nicht beim Großhändler einkaufen dürfen. Eine nennenswerte Zahl von Kunden wird Berlin dem übermächtigen Grundversorger der Stadt, Vattenfall, ohne solche Zukäufe sicher nicht abspenstig machen.
Das dämmerte irgendwann auch der SPD, doch zu spät: Im Koalitionsausschuss am Donnerstag setzte sich die CDU mit ihrem Zukaufverbot durch. So zeigt sich einmal mehr: Diese Koalition hat von progressiver Energiepolitik keine Ahnung – und die CDU daran auch gar kein Interesse.
Gut, dass es am 3. November einen Volksentscheid gibt, ins Leben gerufen durch den Energietisch. Der hat durch das rot-schwarze Herumgeeiere endgültig Recht bekommen mit seiner Parole: Nur mit einem Gesetzentwurf, der auf Stromproduktion und -einsparung ausgerichtet ist, gibt es ein Stadtwerk, das Berlin etwas bringt. Rot-Schwarz hat darauf verzichtet, den Energietisch Lügen zu strafen.
SEBASTIAN PUSCHNER