VORWEHEN DER RÜRUP-KOMMISSION: DIE RENTE MIT 67: Jeder schlägt was vor
Ein Ergebnis der Sozialreformkommission unter dem Wirtschaftsexperten Bert Rürup scheint schon jetzt klar: Das Renteneintrittsalter muss hoch. Dass die Experten noch vor ihrer ersten Sitzung plaudern, kann man ihnen kaum verübeln. Sie tun nichts anderes, als die Positionen zu artikulieren, die sie in die Rürup-Kommission einbringen werden. Wer dorthinein berufen wurde, hat eine für die Öffentlichkeit interessante Meinung.
Rente mit 67 – das hört sich zunächst plausibel an. Die Rentenkasse würden nicht nur entlastet, sondern es würde sogar noch mehr Geld hineingespült, weil die Arbeitnehmer länger ihre Beiträge zahlten. Doch gerade das könnte die Pläne zu einer Milchmädchenrechnung machen: Den Berechtigten erwüchsen dadurch Ansprüche auf höhere Renten – viel Spielraum wird so nicht gewonnen.
Auch die Situation am gegenwärtigen Arbeitsmarkt, in der Arbeitnehmer froh sein können, wenn sie erst mit 55 in den vorzeitigen Ruhestand geschickt werden und alle Welt danach ruft, die Alten sollten den Jungen Platz machen, verlangt nicht gerade nach längerer Lebensarbeitszeit. So gelingt es den Sozialpolitikern nicht einmal, das durchschnittliche Renteneintrittsalter auf die gesetzlichen 65 Jahren anzuheben. Aus den Reihen der Rürup-Kommission wurde auch die Forderung laut, Frühruheständlern höhere Abschläge auf ihre Rente zu verpassen. Sicherlich werden sich einige potenzielle Vorruheständler von höheren Abschlägen auf ihre Rente schrecken lassen. Aber das Gros hat gar nicht die Wahl – ihre Arbeitgeber wollen sie loswerden, zu welcher Rente auch immer.
In jedem zweiten Unternehmen in Deutschland ist die gesamte Belegschaft jünger als 50. Die im Hartz-Papier enthaltene Regelung des so genannten Brückengeldes für Arbeitslose zwischen 58 und 60 ist auch nicht gerde ein Anreiz, an dieser Situation etwas zu verändern. Da könnte der Gesetzgeber das Rentenalter auch auf 85 heraufsetzen – es würde sich nichts ändern.
Und wenn es mitten in den Rückgang der Bevölkerung hinein doch zu einem konjunkturellen Aufschwung kommt, wird die Rente mit 67 nur noch stören – aufgrund akuten Arbeitskräftemangels. STEPHANIE VON OPPEN
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