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VON FOTOGRAFIEN

 ■  Was davon übrigbleibt

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Porträt. Es scheint (wenige) Gesichter zu geben, die sich mit dem Apparat verbinden oder verbünden oder mit dem, der den Apparat bedient. Das hat aber nichts damit zu tun, daß die beiden vor und hinter der Kamera „sich gut verstehen“. Der Porträtist weiß, wie schnell die Intimität des Augenblicks verfliegt. Die Affäre zwischen Modell und Fotograf ist eine Dreiecksgeschichte, eine Romanze mit der Wahrheit des Augenblicks, die sich im Apparat, und nur dort, ereignet.

Berührt die Situation, die Wahrheit, löst sich das Foto von denen, die sich in seiner Entstehung begegnet waren. Es geht seinen unbegreiflichen Weg des Stillstands und entzieht sich jener Hermeneutik, die das Kunstwerk servil befragt, was sein Schöpfer einst hatte sagen wollen. Oft haben Fotografen versucht - und gerade jetzt ist es wieder so - die Geltung ihrer Fotografien durch Symbole, Anspielungen, unterstellte Anekdoten zu verlängern. Aber die Absichten verbrauchen sich, werden überholt, komisch oder fad; es ist das Nichtgesuchte und Gesuchte und dennoch Gefundene, das Material (der Stoff, das Licht, die Milch), was übrigbleibt.

Ulf Erdmann Ziegler

Lewis W. Hine, in: 'camera‘ 12/1972

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