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Archiv-Artikel

Uwe rapoltert

Kölns Trainer schiebt Schiedsrichter Fleischer die Schuld für die 2:3-Niederlage gegen Kaiserslautern in die Schuhe

KÖLN taz ■ Es wäre eine Neuerung im Regelwerk des DFB. Unter „Punkt 14: Der Strafstoß“ müsste eingefügt werden: „Elfmeter sind nur dann zu geben, wenn sie nicht nur regelkonform, sondern nach Bewertung des Spielverlaufs auch moralisch zu vertreten sind.“ Es muss dieser Vorschlag gewesen sein, den Kölns Trainer Uwe Rapolder dem Schiedsrichter Helmut Fleischer nach Abpfiff des 2:3 gegen Kaiserslautern überbrachte – schreiend, gestikulierend, mit offenem Hemdknopf über der solarium-gebräunten Brust. Rapolder und seine Kölner fühlten sich nach der ersten Saisonniederlage betrogen: Von Kaiserslauterns Ferydoon Zandi, der sich in der Nachspielzeit im Kölner Strafraum hatte fallen lassen. Und von Fleischer, der den Elfmeter verhängte, den Ervin Skela zum Siegtreffer für die Pfälzer verwandelte.

„Nicht nur eine Fehlentscheidung, sondern eine Frechheit“ sei der Pfiff Fleischers gewesen, polterte Rapolder. „Ich will wissen, wie sich dieser Mann jetzt fühlt, wo er das Spiel entschieden hat.“ Denn: „Man kann so einen Elfer nicht geben. Nicht in der Schlussminute. Nicht nach so einem Spielverlauf.“ Ein 0:2 hatten die Kölner vor 50.000 Zuschauern gegen ihren Angstgegner aufgeholt. Dann kam Fleischer, pfiff – und machte das Comeback wertlos. Schlicht unmoralisch sei das, befand Rapolder. Oder, wie FC-Oldie Christian Springer urteilte: „Reine Absicht.“

Kaiserslauterns Verantwortliche verloren nach dem Spiel kein Wort über den Schiedsrichter: Zu offensichtlich war die Schwalbe Zandis. Bei der von Rapolder angeregten moralischen Bewertung hätten sie jedoch beruhigt mitdiskutieren können, denn der Sieg war verdient. Vor allem die Offensiven Boubacar Sanogo, Marco Engelhardt und Halil Altintop piesackten die Kölner über 90 Minuten mit schnellen Dribblings und Steilpässen und versprachen eine Abkehr vom oft unansehnlichen Betzenberger Hauruck-Fußball. „Mich freut es, dass wir auf schöne Art und Weise gewonnen haben“, sagte der zweifache Kopfball-Torschütze Altintop. Nach seinen Saisontreffern fünf (nach Kopfballvorlage Sanogo) und sechs (nach Flanke Engelhardt) liegt er gemeinsam mit Bayerns Roy Makaay an der Spitze der Torjägerliste. Sein Ausbeute-Ziel bis Sommer: „Mindestens zweistellig.“

Die Kölner hingegen konnten außer dem von Verteidiger Marvin Matip hervorgehobenen „tollen Kampfgeist“ nur Halbfertiges vorweisen. Zum „1. FC Deutschland“ hatte der stolze Kölner Boulevard die Mannschaft nach der Länderspiel-Nominierung der beiden Lukasse Podolski und Sinkiewicz ernannt. Allerdings ist es dem im vergangenen Jahr in Bielefeld als Konzeptfußballlehrer gefeierten Rapolder noch nicht gelungen, der Ansammlung junger Talente ein funktionierendes System zu verpassen. Vor allem der einsame Stoßstürmer Peter Madsen findet keinen Anschluss an das Mittelfeld und überrascht seine Mitspieler mit irritierenden Laufwegen. Podolski trägt zwar die Rückennummer zehn, lässt sich aber immer wieder auf die Position einer defensiven Nummer sechs zurückfallen. Seine Genialität verschwendete der gelernte Stürmer gegen Lautern mit Querpässen auf Höhe der Mittellinie – eine Fähigkeit, deren unfallfreie Ausführung er immerhin seinen Kollegen Dimitrios Grammozis und Christian Lell voraus hat.

Erst mit der Auswechslung der beiden Defensivspieler und der Hereinnahme des Holländers Anthony Lurling im Mittelfeld und des ewigen Angreifers Matthias Scherz schafften die Kölner die zwischenzeitliche Wende. Neun Minuten vor Schluss traf Scherz mit einer Direktabnahme nach Flanke von Feulner, kurz vor Ende der regulären Spielzeit gelang Podolski zumindest das Kunststück, den Ball mit dem Rücken als Bogenlampe ins Tor zu befördern.

Dass es dennoch nicht zu einem Punktgewinn gereicht hat, sorgt in Köln noch nicht für Panik. „Mit sechs Punkten nach drei Spielen stehen wir ja immer noch recht komfortabel da“, sagte Rapolder. Und solange sich die Fans mehr über den Schiedsrichter als über ihre Mannschaft ärgern, kann ein Trainer selbst im traditionell mobbingwilligen Köln ruhig arbeiten.

KLAUS JANSEN