Urteil in Burundi erwartet: „Ich konnte nicht einfach nichts tun“
Gegen 28 mutmaßliche Verantwortliche für den versuchten Putsch vom Mai 2015 soll ein Urteil ergehen. Unter ihnen ist der Ex-Verteidigungsminister.
Der General gilt als der zweite Anführer und stritt dies vor Gericht nicht ab. Er bekannte sich schuldig. In seinem Schlussplädoyer vergangene Woche, adressiert direkt an Präsident Nkurunziza, erklärte er seine Motive: die Wiederherstellung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, ganz nach Verfassung. „Ich diene meinem Volk“, erklärte er.
Seine Anwälte argumentierten, die Befehlsverweigerung, die man ihm anlastete, sei ein legitimer Widerstand gewesen. Die Verfassung verbiete eine dritte Amtszeit des Präsidenten. „Ich konnte nicht einfach nichts tun, während die Polizei die Bevölkerung ermordet, der Präsident Fußball spielt und die Armee Unentschlossenheit zeigte“, erklärte Ndayirukiye und machte deutlich, dass ihm ein faires Verfahren verwehrt wurde.
Die unverhältnismäßige Gewalt, mit welcher die Polizei gegen die Demonstranten vorgegangen war, habe die Armeegeneräle bewogen, den Staatsstreich zu wagen, als Präsident Nkurunziza zu einem Gipfel der Ostafrikanischen Union ins Nachbarland gereist war, so der General vor Gericht.
Jeden Morgen liegen Leichen auf der Straße
Seine drei Anwälte, darunter ein Belgier, wurden selbst vom Gericht beschuldigt, in den Putsch verwickelt zu sein. Sie erhielten bis zuletzt keine Akteneinsicht. Seit dem gescheiterten Putschversuch im Mai 2015 herrscht in dem kleinen Land Terror: Jeden Morgen liegen Leichen auf den Straßen – mit verbundenen Armen, per Kopfschuss exekutiert. Die Polizei durchsucht nachts Häuser, nimmt willkürlich Leute fest. Die UN spricht von bis zu 400 Toten, und das UN-Flüchtlingshilfswerk meldet 280.000 Flüchtlinge in den Nachbarländern.
In manchen Vierteln der Hauptstadt Bujumbura stehen ganze Straßenzüge leer, weil die Polizei dort gezielt gegen die Einwohner vorgeht – es sind die Stadtteile, in denen im vergangenen April und Mai die Menschen gegen die dritte Amtszeit des Präsidenten protestiert hatten.
Vertreter der Oppositionsparteien sowie außerparlamentarischer Oppositionsgruppen im Exil waren Ende Dezember nach Uganda gereist, um unter der Schirmherrschaft von Ugandas Präsident Yoweri Museveni einen Dialog zu starten. Die Regierungsdelegation beschuldigte einige Oppositionsvertreter, bewaffnete Rebellen zu unterstützen und verweigerte Gespräche.
Nach dem gescheiterten Putsch hatten sich Teile der Armee abgesetzt. Mittlerweile formierten sich in den Wäldern entlang der Grenze zu Ruanda mindestens zwei Rebellengruppen. Die jüngste, Forebu, erklärte in einer Neujahrsansprache, sie werde Nkurunziza zur Not mit Gewalt stürzen. Auch in Ostkongo wurden jüngst mutmaßliche burundische Rebellen festgenommen.
„Der Präsident versteckt sich im Landesinneren“, heißt es aus Diplomatenkreisen in Bujumbura. Die Lage sei ernst und hoffnungslos.
Die letzte Hoffnung war ein Dialog, doch der ist festgefahren. Museveni ist selbst mit Wahlkampf beschäftigt – seine eigene Amtszeitlimitierung hat er schon abgeschafft.
Die Internationale Gemeinschaft übt Druck aus, die Friedensgespräche in Arusha fortzusetzen, im Nachbarland Tansania. Dort war auch 1993 der Friedensvertrag besiegelt worden, der den ethnischen Bürgerkrieg in Burundi beendete.
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