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Uriah Hipp Hipp

■ Auferstehung der 70er im Aladin / Edelschnulzen, Knallrock und einmal wieder jung

War das schön. War das wirklich schön. Nicht unbedingt gut, Sie verstehen, aber schön! Uriah Heep, Erfolgsrocker der 70er Jahre, Edelschnulzen, daß einem das pubertierende Herz zersprang und Knallrock, daß einem vom Schalldruck die Haare gefönt wurden. Uriah Heep waren im Aladin, Ostermontag. 20 Jahre Rockmusik, wirklich schön, und wirklich immer noch Original-70er.

Von der alten Gang sind nur noch zwei dabei: Trommler Lee Kerslake, der ja aus rein beruflichen Gründen während der Show sitzen darf, und Gitarrist Mick Box. Aber ungebrochen dominieren die beiden den Stil der Band:

Dazu gehört das jaulende Wah- wah, ein Effektgerät für die Gitarre, das Jimi Hendrix beherrscht hat und danach gleich ins Rock'n'Roll-Museum gestellt wurde. Dazu gehört die freundliche Bühnenpräsentation, die gottlob nichts mit der martialischen Aufmachung im Heavy-Metall zu tun hat. Dazu gehört das überdimensionale „Firmenschild“ im Hintergrund auf schwarzer Leinwand und auf der Basstrommel, dazu gehören die niedlichen Versuche, einfache Melodien mit mehrstimmigem Chorgesang zu unterlegen, dazu gehört Nebel, Nebel, Nebel und jede Menge satte Akkorde aus der Hammond- Orgel.

Verstehen Sie mich bitte richtig: Was da seit den späten 80ern unter dem Namen Uriah Heep veröffentlicht wurde, ist nicht Uriah Heep, obwohl die Stücke nicht schlecht sind. Aber wer hört schon Which way will the wind blow, wenn es vorher Stealin' gab, wer will bei One and one mitsingen, wenn er Lady in black rückwärts pfeifen kann, wen interessiert eine Different world, wenn er an Easy livin' denkt?

Es waren die alten Nummern, die die 400 Nostalgiker am Ostermontag in Schwung gebracht haben, und weil das Programm gut gemischt war, riß mindestens jedes zweite Lied alte Wunden auf. Musikalisch haben sie wirklich nichts dazugelernt, aber die beiden Akkorde der Lady in Black kamen sauber geschrammelt auf der akustischen Gitarre und Sänger Bernie Shaw ist wahrlich mehr als Ersatzmann am Mikrophon.

Der rockte nämlich wie ein Teufel in 50 Zentimeter Flughöhe über die Bühnenbretter, sang dabei höllisch klar, auch wenn er bei July morning die höchste Stufe nur mit Echogerät schaffte.

Ein schöner Abend, und eine neue Frisur gabs obendrein, und wenn Uriah Heep in zwanzig Jahren nochmal im Aladin spielen, geh' ich wieder hin, nehm' meine alten Scheiben mit und laß mir Autogramme geben.

mad

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