■ Urdrüs wahre Kolumne: Kein Happy-End
Ob jemand seine Fleischwurst einfach bei Aldi oder beim Aldi kauft, ist durchaus ein Unterschied. Zur letztgenannten Spezies gehört eindeutig jener Oberschlesier, der mir jetzt beim Erwerb von Knäckebrot, Magerquark und anderen Verzweiflungstaten bei Blutzuckerwerten ab 400 aufwärts über den Weg lief, ungefragt eine Plastikpackung mit Frikadellen in meinen Wagen legte und dabei beteuerte: „Jloobense mir, Kamerad, da werdense mehr Jeschmack dran haben, dazu eenen klaren Korn und denn stimmt die Welt wieder“. Sieht man mir die Zweifel daran schon so deutlich an?
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Da barmt und harmt diese Ihre Heimatzeitung über den verseuchten Dreck bis in die Tiefe auf den INTERHOMES-Parzellen am Hansetor und vergisst vor lauter schuldigen Indianern, den Häuptling zu erwähnen: den Herrn Fertighauskonsul Karlchen Grabbe. Im vereinten Vorgehen von kurdischen Folkloretänzern und bremischen Häuslebauern gegen diesen Vertreter der türkischen Zentralgewalt aber könnte endlich die breite Front entstehen, die das PKK-Verbot zu Fall bringt. So hat am Ende jeder Tropfen Teer im Boden noch was gutes...
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Wie derzeit die Landwirtschaftsmi-nister und ihre Hä-scher aus den Veterinärämtern herodes-mäßig durch die Lande ziehen, um so liebenswerte Wesen wie Kitty und die Schöne zu keulen und zum Sondermüll zu zerren: Das sollten wir KindergärtnerInnen pädagogisch nutzbar machen. Um das mensch- und kuhverachtende System gegenüber den Buben und Mädchen nachdrücklich zu denunzieren, die im besten Junge Pioniere-Alter noch ein Empfinden haben für den seelenvollen Blick, mit dem gerade die Galloway-Rinder uns brüderlich und schwesterlich entgegentreten. Und ist uns auch nichts Menschliches und damit auch nicht der Verzehr von saftigen Steaks fremd, so sind diese Zottelviecher doch derart wesensverwandt, daß jeder Angriff gegen sie den Wert des eigenen Lebens in Frage stellt.
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Probleme bekommen dürften die Nazimanns, die bundesweit zu Demonstrationen gegen die Wehrmachtsausstellung mobilisieren. Verlangen sie doch aus offenbar gegebenem Anlass von ihren Anhängern, als gute Deutsche nüchtern zu erscheinen, damit der Schlachtruf „Unser Opa war kein Mörder“ reibungslos über die Zungen rollt. Ja will man denn denn den deutsch-nationalen Hosenscheißer von Rostock-Lichtenhagen einfach ausschließen? Darf Mutti Blohm denn nicht wenigstens so–n lütten Weinbrand aus der Taschenflasche in die Blutbahn jagen, und kann man denn auf Heinrich Lummer und Harold Junkie ganz verzichten?
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Mit schwerer Einkaufstüte einigermaßen um den aufrechten Gang ringend, komme ich am O-Weg just in dem Moment am ziemlich exclusiven Frisiersalon des stadtbekannten Trend-Coiffeurs Roman K. vorbei, als mich ein graues Männlein am Ärmel betatscht und mit verschwörerischer Miene erklärt: „Kuck doch mal, Chef, kuck doch mal! Da beim Frisör, das sind alles Homosexuelle!“
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Da ich mich auf dieses Gespräch nicht unbedingt einlassen will, wehre ich den vielleicht 60jährigen nur müde ab und wechsle die Straßenseite, da obendrein die Straßenbahn gen Walle anrollt. Geifernd zischt er mir noch „Arschficker, Arschficker“ nach, und wäre jetzt ein strammer Fahrradkurier gekommen und hätte diesen Nödeldödel touchiert und in den Dreck geschleudert, so hätte diese Geschichte ein Happyend gehabt. So erkennen wir aber nur, daß das Leben meistens ohne Pointe inszeniert.
Vom Krankenlager aus dennoch Frohe Botschaft: „The times they are changing!“
Ulrich „Sugar“ Reineking
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