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■ Urdrüs wahre KolumneSieg des Offizialbeleidigers

Da roll' ich am Mittwoch mit dem Bummelzug in den Bremer Hauptbahnhof ein, und was grüßt mich da schon von weitem dreist und herausfordernd flatternd von der Bürgerweide? Die Stars & Stripes vom höchsten Punkt des Freimarkts! Wie mir ein anderes Mitglied der Gesellschaft für lauteren Anti-Amerikanismus erläuterte, kennzeichnet die US-Flagge ein freimarktliches Vergnügungsunternehmen, bei dem Bremer für 8 Mark den freien Fall erproben können: Eine wahrhaft grandiose Symbolik im Jahre X vor dem Space-Park!

Wie mir das Amtsgericht Bremen mitteilt, wird das Strafverfahren gegen den in diesen Spalten agierenden Offizialbeleidiger wg. Ausübung seiner Dienstpflicht eingestellt, „weil an der weiteren Verfolgung kein öffentliches Interesse besteht“. Daß die Kosten für dieses ziemlich mutwillig vom Ausländeramt angestrengte Verfahren aber nun zu Lasten der Staatskasse gehen und nicht von den Mimosen der Abschiebefront getragen werden müssen, verstimmt den braven Steuerbürger. Für Sympathisanten von gezielten Verbal-Attacken gegen allzu pflichtbewußte Behördenknechte mit Herzfehler aber heißt es, daß die angesparten Spendengroschen nunmehr ungeniert versoffen werden können: Ein Prosit auf das wilde Kurdistan!

Daß Henning Scherf die Wahl von Gerhard Schröder so schlicht und einfach verpennt hat, mögen gerade Freunde des langen Radfahrers nicht glauben. Reifen hier nicht erste Früchte der Kampagne „Schröder verhindern“, wie sie Anfang dieses Monats in der GaDeWe aus der Taufe gehoben wurde? Und ist nicht das weckerfreie Schlafzimmer sowieso das, was den Menschen menschlich macht? Politiker ohne gesunden Schlaf sollten abgewählt werden!

Aus Angst vor der Polizei ist in der vergangenen Woche ein 20jähriger Afrikaner in Fin- dorff aus dem Fenster gesprungen und verletzte sich schwer. Daß dieser Vorfall nur in kurzen Meldungen erwähnt wurde, die Story „Polizist sprang aus Angst vor Afrikaner vom Dach“aber wohl in jedem Fall Eingang auf bundesweiten Titelseiten gefunden hätte – was sagt uns das?

Als arme Sau des Jahres möchten wir den Junge-Union-Studenten Michael Glintenkamp würdigen, der für die Marketinggesellschaft der TUS Walle-Sparte Frauenhandball in aller Ahnungslosigkeit den Geschäftsführer gemacht hatte und nunmehr zu 7200 DM Geldstrafe (ersatzweise 16 Monate Haft!) wegen Steuerverfehlungen verdonnert wurde. Und das alles doch nur, weil er seinen Kumpels Jens Eckhoff, Claus Dittbrenner u.a. zu Willen sein wollte: Einmal mehr zeigt sich, wie recht Eltern haben, wenn sie ihre Kinder vor schlechtem Umgang warnen. „Wenn dich die bösen Buben locken/dann folge ihnen nicht!“, mahnte mich meine plattdeutsche Großmutter mehrfach, obwohl ihre Realität von der einer Handballdame meilenweit entfernt war.

Versöhnung zwischen Kroaten, Bosniern, Großdeutschen und Serben? Vielleicht macht es Bata Illic möglich. Am Sonntag live auf dem Freimarkt in Halle V! Hofft jedenfalls mit „Licht aus, Spot an!“ Ullrich „Ilja“Reineking

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