■ Urdrüs wahre Kolumne: „Is ja eure Pleite“
Wer gern mal mit Tempo 80 durch die Innenstadt brettert oder mit 100 Sachen auf der idyllischen Landstraße Igel oder Osterhasen plattmacht, der wendet sich in juristischen Fragen gern an Mutter Gnädig alias Edda Frerker aus Syke. Bei der barmherzigen Verkehrsrichterin von der Geest behält das landesübliche ADAC-Mitglied seinen Führerschein auch bei eigenmächtiger Verdoppelung der Höchstgeschwindigkeit: Jetzt steuert die Schutzheilige der High-Speed-Deppen auch noch ein Plätzchen im Bundestag an, und daß sie dies ausgerechnet als FDP-Bewerberin versucht, bestätigt einmal mehr unser Bild von diesem Dreipunkte-Bündnis der sozialen Verantwortungslosigkeit. Ab dafür in den nächsten Dauerstau.
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Apropos Bundestag: Herr Karl-Heinz Schmitt, seines Zeichens Platzmeister außer Dienst des Bonner Parlaments, brachte jetzt nach seiner Pensionierung ein Büchlein mit dem hübschen Titel „Strichmännchen im Plenum – die unbekannte Fraktion“heraus. Das Werk dokumentiert die Kritzeleien, Portraits und sonstigen Auf-Zeichnungen der Damen und Herren Abgeordneten auf Vorlagen, Notizzetteln und Redemanuskripten aus über zehn Legislatur-Perioden, aber nicht ein einziger Bremer Volksvertreter findet sich in dieser Sammlung der künstlerischen Beliebigkeit: Will man so das kleinste Bundesland mit Nichtachtung strafen, oder mangelt es dem Hanseaten an kreativem Ausdruckswillen? Bitte eine Buntstiftpackung für Bernie, Konny & Co KG!
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Ihre zeichnerischen Hausaufgaben mit höchst mittelmäßigem Erfolg durchgezogen haben indessen die obskuren Hanseln aus der Bremerhavener Oceanpark-Mischpoke, und schon ein erster Blick auf diese landschaftsplanerischen Pausbackenblätter belegt, daß hier eine Mogelpackung unters Publikum gebracht werden soll. Was wäre ein Ozean ohne Käpt–n Nemo? Ohne das Bermuda-Dreieck und den Weißen Wal? Wo findet sich die Ehrenhalle für einarmige Weltumsegler, warum gibt es keine Regattastrecke für hochseetüchtige Tretboote, und wo bitteschön werden die bestaunenswerten Wal-Pimmel baumeln? Achso. Gar nicht dran gedacht an sowas... In Ordnung. Is ja eure Pleite. Aber bitte Zeche selber zahlen, das darf nicht alles so zugehen wie beim Sommerfest der Arbeitersamariter Huchting oder beim Adventskaffee der Marinekameradschaft Fischereihafen e.V.!
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Endlich strengen sich bremische Sprengmeister mal wieder ein bißchen an, um urbi et orbi das authentische Harry-Volksgemeinschafts-Feeling aus guten alten Warrelmann-Zeiten zu vermitteln. 3.000 evakuierte Anwohner in dieser Woche vorm 4. Advent an der Kornstraße, darunter 200 Behinderte für eine einzige Bombenentschärfung, das ist doch schon was! Wenn Sprengmeister Andreas Rippert so weiter macht, wird er vielleicht auch mal ein Volksheld werden, und Die Mädchen oder Die Mimmis machen eine CD-Produktion unter dem Titel „We love you Andy, Andy so randy“. Aber Vorsicht, Andy! Jetzt stehen sicher schon die Neider in den Denunzierstiefeln da – frag nach bei Harry...
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Nach der taz bremen-Weihnachtsfeier (doch, sowas gibt's) soll mich der Taxifahrer eigentlich nur zum Bahnhof bringen, doch beim Blick auf mein Julklapp-Präsent (Pappschachtel mit Gummibärchen) erwacht der Öko-Volksaufklärer in ihm, und er belästigt mich völlig ungefragt mit seinem angesammelten Halbwissen über die Gemeingefährlichkeiten von Zucker, Farbstoffen und insbesondere Gummibärchen. Empfiehlt mir sogar („Ich will ja nix sagen, aber wenn ich Sie so ansehe“) eine Diätberatung und treibt das böse Spiel auf die Spitze, indem er mir zum Abschied eine geschälte Mohrrübe reicht. In einem meiner früheren Leben als ostpreußischer Gutsverwalter hätte ich dem Kutscher ob solcher Unbotmäßigkeit die Gerte zu schmecken gegeben, aber heute denkt die Kanaille, sie dürfe sich alles erlauben. Denkense mal darüber nach, wenn es Ihnen möglich ist so kurz vor Heiligabend!
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Frohes Fest und ein jutet Neues Jahr wünscht Dir kleinem Christkindelein heute schon aus dem leicht verfetteten Herzen Dein
Ulrich „Redsox“Reineking
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