■ Urdrüs wahre Kolumne: Kleine oder große Zapfenstreiche
Die besondere politische Kultur Bremens dadurch zu demontieren, daß man die unerlösten Geister der dahingemordeten Zwangsarbeiter im Nazi-Bunker Farge mit dem lärmenden Schweinepriester-Ritual des Großen Zapfenstreichs durch die Wehrmachtssmusikanten der Rechtsnachfolger des Dritten Reiches erschreckt: Um auf so etwas zu kommen, muß man wohl schon ein Nashorn-Bürgermeister sein und Henning heißen. Und da auch Grünspecht Hermann Kuhn nach historisch wohlbedachten Schauplätzen für die autoerotische Säberlrasselei der Komißköppe sucht: Ich empfehle als einzig zumutbare Alternative, die kleinen und großen Zapfen am stadtbremischen Strichertreff an der Altmannshöhe zu streichen, damit die morschen Knochen der Recken von gestern mal wieder in Bewegung kommen. Voodoo!
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Mit Recht klagen Freunde und Bekannte aus dem Sozialarbeiterstande über die Probleme, irgendwelchen Eltern Kindesvernachlässigung oder -mißhandlung nachzuweisen. Nachdem ich jetzt unfreiwillig Zeuge eines sog. Kindergeburtstages im etwas anderen Hamburger-Restaurant wurde, dessen ausgelassene Fröhlichkeit allenfalls noch durch einen Vortragsabend bei der Ortsgruppe des Deutschen Diabetikerbundeszu Fragen der vorbeugenden Fußpflege übertroffen werden konnte, bin ich davon überzeugt, hier einen untrüglichen Indikator für grobe Mißachtung des physischen und psychischen Wohls der Kurzen gefunden zu haben. Vatis und Muttis, die häusliches Topfschlagen, Apfelsinentanz und Blinde Kuh am Ehrentage von Klein-Sarah oder Kevin unterlassen, um Nachwuchs und dazugehörigen Freundeskreis einer so freud- und würdelosen Party-Nummer zu überlassen, sollte im Eilverfahren und ohne Einspruchsmöglichkeit das Sorgerecht entzogen werden!
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Seit gestern regiert die Erde der Wassermann, und immer noch sind Kohl und Henkel an der Macht, ist der Mensch dem Menschen ein Kampfhund und werden Affen gefoltert: Was läuft da schief? frage ich die AstrologInnen im Abo-Stamm dieses Blattes und verlange nach dringender Kurskorrektur!
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Sorgen mache ich mir nicht nur um den Zustand dieser Welt, sondern auch um den CDU-Fraktionsvorsitzenden Neumeyer. Daß seine Familie ihn in ihrer erbarmungslosen Güte mit der Vornamenkonstruktion Ronald-Mike bedachte – selbst dieser traumatisierende Sachverhalt kann doch nicht die völlig unhanseatische Demutshaltung erklären, mit der dieser Bürger Bremens den absoluten Gehorsam unseres kleinen, aber doch immer noch souveränen Bundeslandes gegenüber den Bonner Plänen zur Installation des Lauschangriffs verlangt. Wer hat diesen Kerl nur in früher Jugend so eingeschüchtert? Daß er am Ende tatsächlich bangt, daß wir keinen Schlag Kohlsuppe mehr aus dem großen Eintopf bekommen, wenn wir nicht in allem gehorchen und dankbar jeden Käsefuß abschlecken, der da hingehalten wird? Wir empfehlen den VHS-Kurs „Entspannung, Selbstbewußtsein, Wohlbefinden“. Warme Decke ist mitzubringen.
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In die Reihen der großen politischen Forderungen der Linken in diesem Jahrhundert (Lastwagen für Zimbabwe, Petting statt Pershing, Stoppt Strauß.) reiht sich nahtlos jene Resolution des eingetragenen Vereins Ernst Thälmann-Gedenkstätte ein, die mir aus dem Wilden Osten zugesandt wurde: „Wir fordern Bewahrung und freien Zugang zu allen Anlagen der Gedenkstätte in untrennbarer Einheit mit der bewirtschafteten Gaststätte Sporthaus Ziegenhals“. Ich halte diese Forderung unter uns Aposteln der Wiedergeburt unbedingt für mehrheitsfähig, wenn sie um einen Hinweis ergänzt wird, daß für die Gaststätte ein für allemal („auf ewig“) ein Bann gegenüber allen Bieren der Holsten-Brauerei ausgesprochen wird. Das sind wir Teddy und den trinkenden Klassen und Massen schuldig. Mindestens!
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Genügend Schnee zum Rodeln und Schneeballieren wünscht sich und allen anderen braven Menschenkindern
Ulrich „Yeti“Reineking
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