■ UrDrüs wahre Kolummne: Geschwister in Fiesheit
So, genauso, spricht Volkes Stimme in Gestalt des Mitpatienten aus Dortmund beim abendlichen Blattsalat in der Reha-Klinik: „Die Höhn die fette Sau hat der Clement ja schon gut im Griff. Wenn jetzt der Scharping die Bundeswehr noch zum Gaddafi schickt, dann geht das mit dem Benzinpreis in Ordnung und ich wähle wieder SPD, da kann der Möllemann machen was er will!“
Im allgemeinen halte ich die neudeutschen Daxianer für ausgemachte Altölwichser, doch kann ich selbst diesen Mutanten meinen Respekt nicht verwehren angesichts der Tatsache, dass sie sich dem Slogan „Kaufen statt Kuscheln“ verweigert haben, mit dem beispielsweise die Düsseldorfer Wertpapier-Börse erfolglos für das Spekulieren bis in die späten Abendstunden hinein geworben haben. Damit sind die jungen Daxe immerhin noch etwas besser drauf als all die Schnäppchenjäger, die zu Lasten krampfadriger Verkäuferinnen möglichst rund um die Uhr an den Wühltischen nach dem Lebenssinn suchen und dabei doch nur T-Shirts im Doppelpack für neunzehnmarkachtzig finden ...
Gefälligst zur Sprache bringen sollten diese und andere Schändungen von Sabbat und Feierabend das Bremer Dreamteam um Hans Koschnik und Corinna May, das am kommenden Sonntag zum Tag der Christlichen Kirchen auf der Expo in Hannover für den lieben Gott und seine irdischen Heerscharen antritt. Und falls die Delegation der bremischen Christenheit bei dieser Gelegenheit auf den Daimler-Onkel Jürgen Schrempp trifft, sollte sie diesem ausgemachten Auto-Strolch den Klingelbeutel um die Ohren hauen für den Blödschnack „Die Expo bietet die Chance, Deutschland so zu präsentieren, wie Deutschland wirklich ist. Es gibt ja hin und wieder Vorurteile!“
Über „vatertagsspezifisches Einsatzgeschehen“ verbreitet sich der Polizeibericht meiner Heimatstadt Rinteln heuer wie folgt: „Im Fortlauf des Tages potenzierte sich das alkoholtypische Verhalten des jeweiligen polizeilichen Gegenübers, doch die konnten die Beamten durch kommunikative Deeskalation gütliches Einvernehmen herstellen“. Unser Vorschlag für den diesjährigen Deutschen Kabarettpreis!
Erst jetzt erfahre ich von der Ungeheuerlichkeit, die der Zyniker Bernd Schulte der Christenunion und seine patentdemokratischen Senatskollegin Hilde Adolf als Geschwister in Fiesheit miteinander ausgekungelt haben: Da soll also die Deportation der Kurdischen Libanesen aus Mitteln des Sozialressorts vorgenommen werden, ein Schurkenstück, das eine Entsprechung allenfalls in der Forderung der sudetendeutschen Berufsvertriebenen findet, aus Mitteln des Verständigungsfonds dafür entschädigt zu werden, dass sie nach Kriegsende die Früchte ihrer Arisierungskampagnen nicht mehr ernten konnten. Pfui Deibel, Hilde – was weiß der Bernie über Dich, dass Du bei sowas mitmachen musst?! Im übrigen sollte man sich den Ablauf der geplanten Zwangsmaßnahmen genau anschauen, denn wie der Fall des Bullizisten-opfers Tim belegt, hat Polizeisenator Schulte seine Jungs entweder nicht im Griff oder er nimmt ihre Gewaltorgien billigend in Kauf: Was da schlimmer wäre, ist wohl kaum zu klären ...
Ganz Deutschland blickt über Pfingsten zum Big Brother Container, wo jetzt gar Jürgen in die Zielgrade eingelaufen ist und vermutlich hinterher als Nachfolger von Franz Müntefering nominiert wird. Joschka Fischer macht mit Rezzo Schlauch eine Sause im gepanzerten 30-Liter-Modell der emanzipatorischen S-Klasse zur Deutschen Alternativ-Fussball-Meisterschaft in Regensburg und wird als Spielerbeobachter der Bundestagskicker von einer verunglückten Flanke des Sturms vom Vibrator Moskovskaya so heftig am Cäsarenkopp touchiert, das er sich anschließend erstmals öffentlich zu seinem Ziel bekennt, nächster Bundeskanzler-Kandidat der SPD zu werden. Darauf kündigt Schröder die Koalition auf, es gibt Neuwahlen und neuer Regierunschef wird Scooter, der Hund von Bundespräsident Rau.
Unwahrscheinlich? Naja – zumindest ebenso wahrscheinlich wie die Konsolidierung Bremens oder der Gewinnn der Europameisterschaft durch die Ribbeck-Buben, meint kurz vor Ausgießung des heiligen Geistes
Ulrich „Redsox“ Reineking
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen