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Archiv-Artikel

daumenkino „Uptown Girls“

Molly hat es eigentlich gut. Sie ist beliebt, sie hat eine schöne Wohnung, und sie hält sich ein Ferkel namens Moo als originelles Haustier ihrer Wahl. Zwar sind Mollys Eltern seit vielen Jahren tot, doch weil ihr Vater einst ein berühmter Rockstar war, hat sie eine imposante Gitarrensammlung und für alle Zeiten ausreichend Geld. Also führt sie ein sorgenfreies und angemessen verantwortungsloses Leben. Leider wird ihr das ganze Geld aber irgendwie gestohlen, weshalb Molly bald auf dem Trockenen sitzt und plötzlich arbeiten muss, obwohl sie gar nicht weiß, wie das geht. Und so wird die lustige Molly im Drehbuchseitenumdrehen das Kindermädchen des sehr ernsthaften kleinen Mädchens Ray. Wie es die Geschichte so will, schätzt Ray vor allen Dingen Ordnung, Sauberkeit und Disziplin. Sie tanzt Ballett. Sie ekelt sich vor Keimen und Erregern und fürchtet sich vor Krankheiten aller Art. Wie man sich denken kann, hält sie Mollys Ferkel Moo schon aus Gründen der Bakterienabwehr auf meterweite Distanz. Molly und Moo finden das gar nicht schön – was im Folgenden zu allerlei Konflikten und Scherzen führt, die allerdings nicht so lustig sind, wie es sich für eine ernsthafte Komödie gehört.

Doch der Film will nicht nur eine Komödie sein, sondern hat auch eine ernsthafte Botschaft in die Handlung geflochten. Deutet man die Zeichen richtig, soll es dabei im weitesten Sinne wohl um altersgerechtes Verhalten gehen. „Uptown Girls“ ist sozusagen ein Coming-of-Age-Film der doppelten Art. Molly wird zu einer verantwortungsbewussten jungen Frau, Ray zu einem rundum sorglosen Kind.

Diese Entwicklung, die man versucht ist, eine Verwandlung zu nennen, hält für die beteiligten Schauspielerinnen größte Herausforderungen parat. Dakota Fanning darf als Ray zur Abwechslung zaghaft lächeln, und Brittany Murphy stellt für wenige Minuten ihr geradezu zwanghaftes Grinsen ein. Für die strapazierten Zuschauer ist das ein versöhnlicher Moment. Denn es ist schwer zu sagen, was nervtötender ist: die beklagenswerte Witzarmut des Films oder die aufdringliche Heiterkeit, die Brittany Murphy völlig unbegründet aus jeder Pore verströmt.

Auch das Ende tröstet über einiges hinweg. Es ist, als würde man in einer unerfreulichen Umgebung einen flüchtigen, netten Bekannten völlig unerwartet sehen. Zuerst weiß man nicht, woher man ihn kennt. Doch dann erinnert man sich: Wenn Dakota Fanning im Rahmen einer Schulveranstaltung zum Finale auf der Bühne tanzt; wenn Brittany Murphys widerspenstiges Objekt der Begierde sie dazu überraschend auf seiner Gitarre begleitet und er gleichzeitig seiner Brittany ein ergreifendes Liebeslied zu singen weiß, erkennt man, dass sie wohl gerade dabei sind, das allseits beliebte Happy End von „About a Boy“ nachzuspielen.

HARALD PETERS