Unwort des Jahres 2017: Alternative Fakten gewinnen
Mit dem Unwort des Jahres soll die Sensibilität für unsere Sprache gefördert werden. Auch die Begriffe „Genderwahn“ und „Shuttle Service“ werden gerügt.
Geprägt wurde der Begriff von der Beraterin von US-Präsident Donald Trump, Kellyanne Conway. Sie verteidigte so die falsche Behauptung, dass zur Amtseinführung des Präsidenten so viele Menschen wie nie gekommen seien. „Der Ausdruck ist seitdem aber auch in Deutschland zum Synonym und Sinnbild für eine der besorgniserregendsten Tendenzen im öffentlichen Sprachgebrauch – vor allem auch in den sozialen Medien – geworden“, erklärten die Sprachexperten.
Die Juroren rügten zudem den Begriff „Shuttle Service“ im Zusammenhang mit Seenotrettungseinsätzen von Nichtregierungsorganisationen im Mittelmeer für Menschen, die in Schlauchbooten flüchten. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer hatte demnach erklärt, diese bedeuteten „de facto“ einen „Shuttleservice zum italienischen Festland beziehungsweise den italienischen Inseln“. Damit würden sowohl die flüchtenden Menschen als auch vor allem diejenigen diffamiert, die ihnen humanitäre Hilfe leisteten, erklärte die Jury.
Außerdem prangerten die Sprachwissenschaftler die Formulierung „Genderwahn“ an. Mit diesem Ausdruck würden in konservativen bis rechtspopulistischen Kreisen zunehmend Bemühungen um Geschlechtergerechtigkeit in undifferenzierter Weise diffamiert. Als Beispiele nannten sie die geschlechtergerechte Sprache, die Ehe für alle sowie die Bemühungen zur Anerkennung von Transgendermenschen.
Anonyme Barbara mit in der Jury
Die sechsköpfige Experten-Jury hat „das Unwort des Jahres“ und die beiden anderen Unwörter aus 684 verschiedenen Vorschlägen ausgesucht. Nur etwa 80 bis 90 dieser Vorschläge entsprachen überhaupt den Kriterien der sprachkritischen Aktion, wie Janich sagte. Daraus habe die Fach-Jury knapp 20 Wörter in die engere Wahl gezogen.
Zum „Unwort des Jahres“ wird seit 1991 jedes Jahr ein Begriff gekürt, der gegen das „Prinzip der Menschenwürde“ oder gegen „Prinzipien der Demokratie“ verstößt, weil er einzelne gesellschaftliche Gruppen diskriminiere oder „euphemistisch, verschleiernd oder gar irreführend“ sei. 2016 war die Wahl auf „Volksverräter“ gefallen, 2015 auf „Gutmensch“.
Ziel der sprachkritischen Aktion ist es, auf öffentliche Formen des Sprachgebrauchs aufmerksam zu machen und dadurch das Bewusstsein und die Sensibilität für Sprache zu fördern. Die Jury wählt Formulierungen aus der öffentlichen Kommunikation, die gegen sachliche Angemessenheit oder die Humanität verstoßen. Die Wörter sollen zudem eine „gewisse Aktualität“ haben und der Kontext, in denen sie gefallen sind, muss belegt sein.
Der Jury gehören neben der Darmstädter Sprachwissenschaftlerin Nina Janich als Sprecherin noch drei weitere Wissenschaftler sowie der Autor und Journalist Stephan Hebel an. Dazu kam in diesem Jahr noch die anonyme Street-Art-Künstlerin Barbara.
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