piwik no script img

Unverbremt: Gaby Mayr über eigenwillige VerkehrspolitikDer grüne Kampfradler

Es ist dunkel, es stürmt und der Regen vernebelt die Sicht. Auf dem mäßig beleuchteten Fuß- und Radweg zwischen Staatsarchiv und Auf den Häfen herrscht reger Verkehr in beiden Richtungen. Also lieber vorsichtig fahren und noch etwas weiter rechts halten, wie man es in der Fahrschule gleich am Anfang lernt. In dem Moment überholt mich ein Radfahrer in strammem Tempo –rechts. Beinahe-Kollision, höllischer Schreck und ein lautstarker Fluch. Aber den hört der Kampf-Radler sicher nicht mehr.

Immerhin beschleunigt das eingeschossene Adrenalin meinen Tritt und ich hole ihn an der nächsten roten Ampel ein. An das Signal hält er sich wenigstens. Das muss er auch, schon von Amts wegen. Denn der rasende Rechtsüberholer entpuppt sich als Bremens Verkehrssenator Joachim Lohse, Freund und Förderer sämtlicher Verkehrsberuhigungsmaßnahmen, nur offenbar nicht der eigenen.

„Ich bin in Eile“, reagiert der grüne Politiker in Regenabweisender Multifunktionsjacke auf meine Ansprache. Er entschuldigt sich und liefert eine eigenwillige Erklärung für seinen riskanten Verstoß gegen eine Regel, die durchaus auch für RadlerInnen gilt: „Ich habe nicht erwartet, dass Sie rechts rüber fahren.“ Dabei gehört vo­rausschauendes Denken doch eigentlich zur Grundausstattung eines Verkehrspolitikers.

Die Ampel wird grün, der Senator tritt in die Pedale und im Nu ist er im regenfeuchten Dunkel verschwunden.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen