piwik no script img

Archiv-Artikel

Untertänigst Spanien

Spanien macht seine Haltung fast bedingungslos von den Absichten der USA abhängig. Das zeigen die Telegramme des UN-Botschafters

MADRID taz ■ Spaniens Regierungschef José María Aznar will einen Platz für sein Land in der Geschichte. So betont er es in den letzten Wochen immer wieder. Und er arbeitet für diesen Platz. Gestern wieder an der Seite der Krieger Bush und Blair auf den Azoren. Aznar lässt sich im spanischen Staatsfernsehen und Rundfunk gar als die treibende Kraft für diese letzte „diplomatische Meile“ feiern. Das Treffen habe Bush mit dem Spanier vor wenigen Tagen auf seiner Ranch ausgetüftelt.

Wer andere als die offiziellen Medien konsultiert, kommt freilich zu einem gänzlich unterschiedlichen Bild. „Spanien macht seine Entscheidungen in der UNO vom ‚Einverständnis‘ der USA abhängig“, titelte am Samstag El País. Die größte Tageszeitung des Landes veröffentlichte Telegramme des spanischen UN-Botschafters Inocencia Arias an seine Dienstherrin, Außenministerin Ana Palacio, zu Hause in Madrid. „Der britische Botschafter hat mit gegenüber erklärt, er glaube, dass unsere Erklärung von der Gruppe der Unentschlossenen leichter akzeptiert werden könnte, wenn wir auf ein mögliches Ultimatum verzichten“, kabelt Arias. Der Diplomat zeigt sich damit einverstanden, dem zuzustimmen. Allerdings „nur dann, wenn US-amerikanischer Kollege Einverständnis gibt“. Wenig später spricht Arias mit dem US-Botschafter und erfährt dort, was er zu denken hat: „Halten es nicht für notwendig, Paragraf zu streichen“, berichtet Arias prompt nach Madrid.

Auch aus den anderen Telegrammen spricht reiner Untertanengeist gegenüber den USA. Immer wieder bezieht Arias sich auf den „US-Botschafter und den Unterzeichner“, wenn er über seine Arbeit in den Gremien berichtet. Blairs Vorschläge, die Position der Kriegsentschlossenen etwas aufzuweichen, führt der spanische Diplomat darauf zurück, dass „die Briten nervös und besessen angesichts der Lage auf ihrem Innenhof“ seien.

Anstatt wahrzunehmen, dass es auch zu Hause in Spanien nicht an Protesten gegen den bedingungslosen Schulterschluss mit den USA fehlt, macht sich Arias vor allem um das Wohlbefinden Bushs Sorgen. „Ich bin sicher, dass einige Ausführungen die USA nicht begeistert haben“, kabelt er an Ana Palacio.

REINER WANDLER