Untersuchungsausschuss: Eingeschränkt auskunftswillig
Die Geschäftsführung des Klinikums Bremen-Mitte verteidigt die Zentralisierung der Frühgeborenenstation, hüllt sich sonst aber in Schweigen
Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Tod mehrerer Frühchen im Klinikum Bremen-Mitte ist gestern Vormittag die Geschäftsführung befragt worden. Einhellig verteidigten sie die Zentralisierung der Frühgeborenenstation. Robert Pfeiffer, kaufmännischer Geschäftsführer, und Daniela Wendorff, zuständig für den Bereich Pflege, betonten die qualitativen und wirtschaftlichen Vorteile. Brigitte Kuss als ärztliche Geschäftsführerin wies zudem auf die guten Ausbildungsmöglichkeiten für Fachärzte hin.
Im Zuge der Zentralisierung wurde die Zahl der Betten auf der Frühchenstation von zwölf auf 16 erhöht, eine gleichzeitige Aufstockung der Personaldecke fand jedoch nicht statt. Die aufgestellten Betten seien hier nicht das Maß der Dinge, sagte Wendorff, - denn bereits vorher seien sie nie voll belegt gewesen. Pfeiffer erläuterte, dass sich an der durchschnittlichen Belegzahl von zehn Frühchen nichts geändert habe. Und Kuss beantwortete die Frage, ob immer ausreichend Fachpersonal da gewesen sei, mit einem klaren "Ja".
Der Untersuchungsausschuss bemühte sich, die Antworten zu entschlüsseln: Wenn die Bettenzahl von zwölf auf 16 erhöht wurde, muss man doch von einer höheren Belegung ausgegangen sein? Und für eine höhere Belegung bräuchte man doch eine dickere Personaldecke, oder? Die Belegung, so stets die einhellige Antwort, habe sich ja nicht erhöht. Aber was würde geschehen, wenn doch? "In diesem Fall würde ich auf die Suche nach Ärzten gehen", so Kuss, "etwa durch die Aufstockung von Teilzeitstellen. Aber bislang war das noch nie nötig."
Probleme habe es durch die Konzentration der Neonatologie-Station im Klinikum-Mitte zu keinem Zeitpunkt gegeben. "Es gibt Verbesserungsbedarf bei der Händedesinfektion und beim Desinfektionsmanagement. "Wir haben Hausaufgaben, und die nehmen wir auch ernst", räumte Robert Pfeiffer ein. Das habe aber nichts mit der Bildung von Zentren zu tun.
Mehr als dieses Eingeständnis machte die Geschäftsführung jedoch nicht. Bei konkreten Fragen nach Verantwortlichkeiten oder Maßnahmen aufgrund von Kontrollen oder Beschwerden machten alle immer wieder von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.
Keine Antwort auf die Frage, warum auf der Hygienekommissionssitzung im September 2011 keiner der für die Hygiene zuständigen Ärzte anwesend war. Keine Antwort auf die Frage, warum fünf Monate nach Änderungsempfehlungen in puncto Hygiene bei einer erneuten Begehung die gleichen Mängel festgestellt wurden. Keine Antwort auf die Frage nach Überstunden und Krankenstand.
Rainer Bensch (CDU) vom Untersuchungsausschuss appellierte an die Geschäftsführung, offener zu antworten, schließlich wolle das Parlament aufklären und nicht beschuldigen. Auch die Ausschussvorsitzende Antje Grotheer (SPD) hätte sich mehr Transparenz gewünscht: "Wir haben gehofft, dass wir ein bisschen mehr Klarheit bekommen. Allerdings müssen die Befragten auf keine Frage antworten, die sie strafrechtlich belasten könnten."
Unklarheiten gab es auch bei der Nachfrage nach der Organisation der Geschäftsführung. So konnte Kuss nicht benennen, wie viele Stunden im Monat sie nicht als Ärztin, sondern als Geschäftsführerin tätig sei. Selbst die Frage, für welchen der beiden Aufgabenbereiche sie mehr Zeit aufwende, vermochte sie nicht zu beantworten: "Das weiß ich nicht."
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