Untersuchung der Haasenburg-Heime: „Massive Menschenrechtsverletzungen“

Eine Expertenkommission untersucht jetzt die Misshandlungsvorwürfe gegenüber der Haasenburg GmbH. Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt in zwei Fällen.

Das Kinder- und Jugendheim Haus Babenberg der Haasenburg GmbH in Jessern. Bild: dpa

POTSDAM dpa/taz | Fünf Fachleute untersuchen Vorwürfe zu Übergriffen und Misshandlungen in brandenburgischen Kinder- und Jugendheimen, über die die taz berichtete. Die unabhängigen Experten einer Untersuchungskommission sollen intensiv den Umgang mit den Kindern und Jugendlichen prüfen – insbesondere mit denen, bei denen gerichtlich eine geschlossene Unterbringung zugelassen sei, sagte Jugendministerin Martina Münch (SPD) am Freitag in Potsdam.

„Es geht natürlich in erster Linie um die Klärung von Fragen: Was ist tatsächlich passiert? Wer hat hier welche Verantwortung getragen?“ Die Fachleute kommen aus der Jugendhilfe, Kinderpsychiatrie und Sozialpädagogik und sollen bis Ende des Jahres arbeiten.

In den drei Heimen der Haasenburg GmbH in Jessern, Neuendorf in Unterspreewald (Kreis Dahme-Spreewald) und in Müncheberg (Kreis Märkisch-Oderland) sollen Bewohner unter anderem Knochenbrüche erlitten haben oder über mehrere Tage auf Liegen fixiert worden sein. Der Betreiber bestreitet dies.

Die Staatsanwaltschaft Cottbus hat in zwei Fällen Ermittlungen aufgenommen – dabei geht es um eine mögliche Misshandlung von Schutzbefohlenen und um Körperverletzung.

Ein 19-Jähriger hatte angezeigt, im Jahr 2010 tagelang am Bett fixiert worden zu sein. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Landesjugendamt nach Angaben des Bildungsministeriums Fixierliegen bereits verboten.

Vorwürfe gehen zurück bis 2006

Am Freitag wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft weitere Ermittlungen aufgenommen hat. Dabei geht es um eine 19-Jährige aus Brandenburg, deren Vorwürfe bis auf das Jahr 2006 zurückreichen. „Wir ermitteln wegen eines Anfangsverdachts der Misshandlung von Schutzbefohlenen und der Körperverletzung“, sagte Oberstaatsanwältin Petra Hertwig. Weitere Details zu den Anschuldigungen nannte sie nicht.

„Diese Vorwürfe sind ja keine Bagatellen, sondern es geht wirklich um die Vorwürfe von massiven Menschenrechtsverletzungen“, sagte Ministerin Münch. Hier sei Aufklärung dringend nötig.

Für mehrtägige Fixierungen, monatelange Isolation oder schwere Körperverletzungen im Rahmen von Anti-Aggressions-Maßnahmen gebe es „weder eine Rechtsgrundlage noch eine Legitimation“. Die Kommission arbeite aber nicht „kriminalistisch“, sondern mit ihrem Sachverstand aus sozialpädagogischer und psychiatrisch-therapeutischer Sicht.

Die fünf Experten werden unter anderem mit Kindern und Jugendlichen aus den Heimen und Mitarbeitern sprechen, wie der Leiter der Kommission, der Psychologe Martin Hoffmann, sagte.

„Pädagogische Wirklichkeit“ wird geprüft

Geprüft werden solle auch allgemein das Konzept der Heime. Von 114 Plätzen sind 56 in den drei Heimen für eine geschlossene Unterbringung vorgesehen. Dazu werde es voraussichtlich auch unter den Fachleuten unterschiedliche Auffassungen geben, sagte Hoffmann. Außerdem werde „die pädagogische Wirklichkeit in der Einrichtung“ eine entscheidende Rolle spielen.

Die Kinder und Jugendlichen in den Heimen haben den Angaben zufolge schon viele Stationen der Jugendhilfe durchlaufen. Viele von ihnen haben Gewalt- oder Missbrauchserfahrungen gemacht, sind drogenabhängig oder haben psychische Erkrankungen.

Auch einige verurteilte Straftäter sind laut Ministerium darunter. Sie kommen aus 14 Bundesländern, außer Bremen und Schleswig-Holstein. Am kommenden Donnerstag beschäftigt sich zudem ein Sonderausschuss im brandenburgischen Landtag mit den Vorwürfen.

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