Unternehmensfinanzierung: Kredithürde wird höher
Immer mehr Firmen finden es schwieriger, Geld von den Banken zu bekommen. Besonders große Finanzinstitute sind vorsichtiger geworden. Kleine Unternehmen hab es leichter.
Die gute Nachricht zuerst: Es gibt noch Kredite. Gerade erst hat die HSH Nordbank der Reederei Hapag Lloyd 15 Millionen Euro zugesagt. Nun die schlechte: Immer mehr Unternehmen klagen darüber, dass es schwerer werde, von den Banken Finanzierungen zu bekommen. Bei der monatlichen Umfrage des Münchner Ifo-Instituts zur "Kredithürde" für die Gewerbliche Wirtschaft schätzten 45,1 Prozent der im Juli befragten Unternehmen die Bankenpraxis als restriktiv ein. Im August 2008 waren es noch 28,7 Prozent gewesen.
Dass das keine einseitige Wahrnehmung ist, zeigt die Bank Lending Survey der Bundesbank. Danach haben die Banken ihre Kreditkonditionen im zweiten Quartal weiter verschärft.
Beides ist in einer Krisensituation völlig normal. Und die Einschätzung aus den Unternehmen zudem höchst subjektiv: Handelt eine Bank schon "restriktiv", wenn sie mehr Unterlagen verlangt, die Zinsen anhebt, oder erst, wenn sie den Kredit verweigert? Dass die Banken derzeit besonders darauf achten, wem sie ihr Geld geben, ist auch klar. Nach der Basel-II-Richtlinie müssen sie ihre Darlehen mit einer bestimmten Menge an Kapital unterlegen. Und die bisherigen Verluste in Folge der Krise haben die Eigenkapitalbasis der Institute angeknabbert.
Trotzdem ist es wichtig, die Vergabepraxis im Auge zu behalten. Nach den jüngsten Zahlen der Europäischen Zentralbank haben die Banken ihr Kreditvolumen im Juni um 1,5 Prozent ausgeweitet. Das ist zwar kein Rückgang, aber der geringste Anstieg seit Beginn der Statistik im Jahr 1992.
Ob das jedoch schon ein Anzeichen für eine drohende Kreditklemme ist, ließe sich laut Gustav Horn, dem Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, nur feststellen, wenn klar wäre, ob das Volumen stagniert, weil die Banken die Kriterien verschärfen. Oder weil die Unternehmen weniger Kredite nachfragen, da sie krisenbedingt ohnehin nicht investieren wollen.
Nur Ersteres wäre ein Problem. Für diesen Fall plädiert inzwischen eine breite Allianz von Ökonomen - vom Bremer Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel bis zu Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn - dafür, dass der Staat auch zwangsweise bei den Banken einsteigt, um deren Eigenkapital zu erhöhen. Die Bundesregierung lehnt dies jedoch strikt ab.
Vielleicht interessiert sie aber eine Zusatzinformation aus der Ifo-Umfrage: Danach finden es große Unternehmen derzeit schwieriger als kleine, Kredite zu bekommen. Den Ifo-Experten zufolge liegt das zum einen daran, dass sie große Darlehen brauchen, die für eine Bank riskanter sind als mehrere kleine an verschiedene Firmen.
Zum anderen arbeiten sie oft mit den privaten Großbanken zusammen. Und die haben in der Krise meist selbst viel verloren und sind nun besonders restriktiv. Wer dagegen eine einigermaßen krisenresistente Genossenschaftsbank oder eine Sparkasse zur Hausbank hat wie die meisten Mittelständler, kann sich deutlich leichter Geld leihen. Wer ist da wohl systemrelevanter?
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