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Unterm Strich

Die DDR wird, nach den Worten ihres Kulturministers Herbert Schirmer, auch nach Bildung von fünf neuen Bundesländern zunächst an einem zentralen Kulturministerium festhalten. Erst wenn genügend Verwaltungskompetenz bei den neuen Landesregierungen bestehe, sollte die Berliner Behörde aufgelöst und die Kulturverwaltung nach bundesdeutschem Vorbild allein von den Ländern geregelt werden, betonte Schirmer nach der zweiten Sitzung der deutsch-deutschen Kulturkommission in Bonn. Die Bundesländer bedrängen gegenwärtig die DDR, die Kulturpolitik in dem künftigen gemeinsamen föderativen Staatssystem ähnlich wie heute in der Bundesrepublik zur „ureigenen Domäne der Landespolitik“ zu machen. Schirmer meinte, der Kulturbereich sei aber zu sensibel und die soziale Absiche

rung der Kulturschaffenden noch zu kompliziert, um sie direkt schon jetzt den Ländern zu übertragen. Schirmer: „Wir wollen diesen Bereich sanftmütiger verlassen, als dies vielleicht im Bereich von Bildung und Wissenschaft geschieht.“ Das Bildungsministerium der DDR soll nach Bildung der Länder im nächsten Jahr aufgelöst werden. Die Kulturkommission einigte sich auf eine Fülle von Maßnahmen zur Schaffung einer künftigen deutsch-deutschen Kulturlandschaft. Die Ministerin für innerdeutsche Beziehungen, Dorothee Wilms (CDU), sagte, gerade die Kultur habe in den vergangenen Jahren trotz der politischen Spannungen zwischen beiden Staaten zur Bindung der Menschen in Deutschland beigetragen. Die Erhaltung der kulturellen Einrichtungen in der DDR soll nach den Vorstellungen der Kommission mit einem

angemessenen Anteil aus dem Fonds „Deutsche Einheit“ unterstützt werden. Der bisher in der DDR arbeitende Kulturfonds, der zum Teil durch Groschenaufschläge bei den Eintrittskarten gespeist wird, soll übergangsweise erhalten bleiben und die soziale Absicherung von Künstlern garantieren. Museen, Theater, Archive, Institute, die ehemals preußischen Schlösser und Gärten sowie die nationalen Mahn- und Gedenkstätten der DDR sollen in der Regel künftig von den Ländern finanziert und verwaltet werden. Bei einigen klassischen Stätten, die das „kulturelle Erbe“ Deutschlands repräsentieren, soll nach Mischformen der Finanzierung und Verwaltung von Ländern und Bund gesucht werden. Genannt wurden dabei unter anderem die nationale Forschungs- und Gedenkstätte der klassischen deutschen Literatur in Weimar. Für die

Gedenkstätte Buchenwald soll eine Beteiligung des zukünftigen Gesamtstaates geprüft werden.

Ein erster Teilerlös aus dem Verkauf der deutschsprachigen Ausgabe von Salman Rushdies Roman Die Satanischen Verse ist dem Komitee für inhaftierte Schriftsteller („Writers in prison“) des internationalen PEN-Clubs überwiesen worden. Der Verlag „Artikel 19“ - nach dem Artikel für Meinungsfreiheit der UN-Menschrechtscharta benannter Zusammenschluß von etwa 80 deutschen und Schweizer Verlagen zur Herausgabe der deutschsprachigen Rushdie-Ausgabe - will den gesamten Nettoertrag spenden. Der erster Teilbetrag wurde auf 250.000 DM beziffert. Rushdie, immer noch mit Mord bedroht, lebt nach wie vor unter Sicherheitsvorkehrungen an unbekanntem Ort.

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