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Unterm Strich

Paris ist um eine Attraktion reicher. Die „Märtyrer von Paris“ haben im Forum des Halles, einer der beliebtesten Einkaufszonen der Stadt, ihre Pforten geöffnet. Auf zwei Etagen breitet sich ein wahres Gruselkabinett aus, das Hinrichtungen, Folterungen, tödliche Affären und allerlei Skurriles vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert szenisch nachstellt. Der Besucher fällt von der gleißenden Neonwelt der Boutiquen ins tiefste Mittelalter zurück. Beim Blick in eine der 32 vergitterten Kammern offenbaren sich ihm die dunklen Seiten der Vergangenheit. Ein eingemauertes Skelett ist mit Spinnweben durchzogen (harte Arbeit für 'ne Spinne! d.L.). Nebenan öffnet und schließt sich knirschend ein mit langen Nägeln gespickter Sarg, die den Körper des Delinquenten durchbohren.

Das Knacken eines Schädels ist ebenso realistisch nachgemacht wie das Blut, das aus den Händen eines Geschundenen tröpfelt, unter dessen Fingernägeln kleine Holzscheite eingepflockt sind. Das ist eine der 20 Foltermethoden aus dem Europa des Mittelalters, die in dem Kabinett vorgeführt werden. Den mysteriösen und blutigen Begebenheiten der Pariser Stadtgeschichte wird ein besonderer Teil des Schau gewidmet. Den Anfang macht die Hinrichtung Louis XVI. am 21. Januar 1793. „Ich bete zu Gott, daß mein Blut nicht auf Frankreich zurückfällt.“ Der letzte Ausspruch des Königs, zu dem das Gröhlen der Menge aus dem Lautsprecher dröhnt.

Viele der Szenarien haben sich in Wirklichkeit da abgespielt, wo heute das Museum steht; im „Bauch von Paris“, wie Emile Zola die Hallen nannte, die die Marktstände der

Stadt beherbergten. Die Leidensgeschichte der Alix de la Bourgotte zum Beispiel, die sich 1418 einmauern ließ, um 48 Jahre auf ihren Tod zu warten. Oder der „Cour des Miracles“, das im 17. Jahrhundert Treffpunkt von Dieben, Dirnen und Bettlern war. Die technische Ausstattung, von beweglichen Puppen bis zur Imitation modriger Gerüche, ist vom Feinsten. Jede Szene wurde mit der passenden Geräuschkulisse unterlegt.

Ein ausgeklügeltes Projektionsverfahren schafft die Illusion der Bewegung von Mund und Gesichtszügen (und wo bleiben die Gebärden für Gehörlose? d.L.). Das Konzept des Museums stammt von der englischen Unternehmensgruppe Kunick, die Erfahrung in Sachen Horror-Museen mitbringt. Das Londoner „Dungeon“, das die düsteren Seiten der englischen Geschichte zeigt, besuchen

jährlich 700.000 Schaulustige.

Der amerikanische Jazzpianist Joe Turner ist am Sonntag im Alter von 82 Jahren in Montreuil bei Paris gestorben. Musikalisch gehörte Turner in eine Linie mit Fats Waller und Wille „The Lion“ Smith und vertrat einen unmanierierten, rhythmisch prägnanten Stil. Seine Karriere begann in New York 1925 in den Bars von Harlem. 1935 kam er erstmals nach Europa und ließ sich bald in Paris nieder. Zum Kriegsausbruch kehrte er in die USA zurück und wurde eingezogen. 1946 spielte Turner im Orchester von Rex Stewart. Zwei Jahre später kehrte er endgültig nach Europa zurück, spielte in der Schweiz und in Frankreich, bevor er ab 1962 zu einer „festen Institution“ der Pariser Bar „Le Calvados“ in der Nähe des Champs-Elysees wurde.

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