: Unterm Strich
„Diese Stadt hat ein sehr starkes kulturelles Parfüm“, sagt der 71jährige Schauspieler, Schriftsteller und Theaterregisseur Peter Ustinov, der sich in vielen Kulturmetropolen der Welt (laut dpa) bestens auskennt, bei seinem zweiten Besuch in der sächsischen Landeshauptstadt. „Es ist eine sehr offene Stadt und in diesem Sinne vergleichbar mit Salzburg.“ Gemeint ist natürlich Drääsden. Der frühere „Nero“-Darsteller sitzt auf einem alten DDR-Polsterstuhl auf einer Probebühne der Semperoper und lauscht gespannt einem Bariton aus der Equipe des Moskauer Bolschoi- Theaters. Zwei Operneinakter von Sergej Rachmaninow und Peter Tschaikowsky wird Ustinov, der in Paris lebt, für die Dresdner Musikfestspiele (20. Mai bis 10. Juni) inszenieren. Für eventuelle Dummheiten hat sich der Musiker-Laie bei den Künstlern aus Osteuropa im voraus sehr höflich entschuldigt. Aus dem Dante aus der „Francesca da Rimini“ macht er eine Hauptrolle als Erzählfigur, die Rachmaninow nicht vorgesehen hat. Ustinov bezeichnet diese Oper als schwieriges Stück. Gewagter Urteile enthält Ustinov sich erwartungsgemäß nicht: „Rachmaninow war als Opernkomponist nicht sehr begabt.“ Die Umsetzung von Tschaikowskys „Jolanthe“ sei praktischer, da die Szenen nie zu lang seien. Es ist die Geschichte einer „geistigen“ (platonischen?) Liebe eines blinden Mädchens. „Ein großes Problem wird es sein, Jolanthe daran zu gewöhnen, daß sie den Dirigenten nicht ansieht“, meint Ustinov. Na, dann an die Arbeit!
Die Redensart „Aus Saulus wird Paulus“, aus einem schlechten wird ein guter Mensch, fußt nach neuesten Bibelforschungen auf falschen Voraussetzungen. Der Apostel habe seinen ursprünglichen Namen niemals abgelegt, sei zeitlebens Jude geblieben und gelte fälschlicherweise als Mitbegründer des Christentums, erklärte der jüdische Neutestamentler Pinchas Lapide in einem AP-Gespräch. Saulus, der später als zweiten, römischen Namen Paulus angenommen habe, habe sich nie zum Christentum bekehrt. „Das Wort Bekehrung kommt in der sogenannten Damaskus-Vision überhaupt nicht vor, sondern es heißt dort Berufung zum Apostolat“, erläutert der in Frankfurt am Main lebende Religionswissenschaftler. Nach der Überlieferung hatte Paulus auf dem Weg von Arabien nach Damaskus die Vision, daß Jesus ihn zum Apostel berufen wolle. Mit dem Menschen Jesus ist Paulus jedoch nie zusammengetroffen. Zu Petrus und Jakobus soll Paulus einmal gesagt haben: „Meine Vision der Auferstehung war wichtiger als eure Begegnungen mit dem irdischen Zimmermannssohn.“
Als ein wesentliches Forschungsergebnis bezeichnet es Lapide, daß sich Paulus entgegen der Überlieferung im Galater-Brief niemals in Arabien aufgehalten habe. Vielmehr sei er von Arawah (hebräisch Steppe) nach Qumran gegangen, die beide am Toten Meer liegen. Den Weg habe Paulus zu Fuß oder auf dem Esel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen