: Unterm Strich
Über Ostern, denken Sie, sei nicht viel geschehen? Stimmt nicht. Die Staatliche Sprachkommission beispielsweise will die seit vierzig Jahren verbotenen alt- chinesischen Schriftzeichen bis 1995 in allen größeren Städten ausmerzen. Die chinesische Regierung hatte 1956 die 6.700 alten Schriftzeichen für den normalen Sprachgebrauch verboten und durch 2.200 vereinfachte Schriftzeichen ersetzt. Mit dieser Schrumpf- Demokratisierung der Sprache sollte dem Analphabetismus der Bevölkerung entgegengearbeitet werden. Die Verwendung der alten Schriftzeichen, die in Hongkong und Taiwan noch üblich sind und über importierte Computersysteme wieder verstärkt Eingang in chinesische Verlagshäuser fanden, soll in Zukunft hart bestraft werden.
Am Ostersonntag reiste die Orgelkommission zur Hamburger St.-Jacobi-Kirche, um mit einer feierlichen Abnahme die weltberühmte Arp-Schnitger-Orgel den Hamburgern wieder zu übergeben. Für knapp sechs Millionen Mark waren die 3.800 Pfeifen des reich verzierten historischen Musikinstruments mit Original-Werkstoffen restauriert worden. „Der Klang dieser Orgel“, so ließ Hauptpastor Lutz Mohaupt vernehmen, sei ein „Impuls zum Frieden über die Gräben hinweg“.
Bereits am Gründonnerstag waren die Restaurierungsarbeiten am Weimarer Goethehaus für beendet erklärt worden. Der Frühjahrsputz hatte immerhin vier Monate gedauert: Mit frischem Brot (!) waren die Decken und Wandfriese des Hauses gereinigt worden, alle Wände erhielten einen neuen Leimfarbanstrich, und auch der gesamte Hausrat des Herrn von Goethe ging durch die Hände der Restauratoren. Bei allem historisch-hausfraulichem Eifer wurde aber stets darauf geachtet, nicht etwa alle „Patina wegzuputzen“, wie die Direktorin des Hauses, Renate Müller-Krumbach, anläßlich der Wiedereröffnung berichtete. Schließlich wolle man die lebendige Atmosphäre der Goethe-Wohnung erhalten. Wohl ebenfalls zu diesem Zweck wurde eigens ein „Blumenprogramm“ entwickelt, das einen genauen Fahrplan für die auszustellenden Topfpflanzen und Schnittblumen vorschreibt. Welche Blumen Herr von Goethe seinerzeit bevorzugte, ist allerdings nicht bekannt.
Auch eine Art „Blumenprogramm“ ist derzeit in Würzburg zu besichtigen: Unter dem hübschen Titel „Bowling mit Balthasar – Kunstgärtners Beyträge zur höheren Würzburger Gartenlust“ zeigt die Städtische Galerie eine „Ausstellung mit Pflanzengeschichte(n) von Martin Weimar“. Das Rahmenprogramm ist reichlich und nicht selten kryptisch. An der Auflösung Interessierte versammeln sich daher am Sonntag, den 23. Mai um 11 Uhr zu einem kleinen Ausstellungsgespräch, bereits Kundige lauschen schon eine Woche zuvor dem konzertanten Vortrag „Mückentanz und Bienenstich“.
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