: Unterm Strich
Alexander Solschenizyn will den Rest seines Lebens Rußland widmen. Auf einem Literaturforum in Paris sagte er am Donnerstag: „Ich habe Millionen Feinde, vor allem eingefleischte Kommunisten, aber ich kann nicht entfernt von meinem Land gemütlich im Westen leben.“ Er schloß nicht aus, selbst dann nach Rußland zurückzukehren, wenn Jelzins Gegenpräsident Alexander Ruzkoj in der augenblicklichen Krise die Oberhand gewinnen sollte. „Ich muß den Rest meines Lebens Rußland zum Geschenk machen“, sagte der 75 Jahre alte Solschenizyn, der vor bald zwanzig Jahren aus der Sowjetunion ausgewiesen wurde und seit 1976 in den Vereinigten Staaten lebt. Der Schriftsteller wollte am Freitag und Samstag in der westfranzösischen Vendee an den 200-Jahr-Feiern zum Gedenken an den Aufstand königstreuer Gegner der Revolution teilnehmen.
Natürliches Theatersterben: Nun droht dem Bochumer Tanztheater unter Reinhild Hoffmann das Aus. Der Vertrag mit der Choreographin soll nach 1995 nicht verlängert werden, teilte Bochums Kulturdezernentin Ute Canaris am Donnerstag mit. „Das Konzept findet mit dem Weggang von Intendant Frank-Patrick Steckel sein natürliches Ende“, sagte Frau Canaris, leugnete aber auch nicht, daß vor allem finanzielle Gründe bei der anstehenden Entlassung von Hoffmann und zehn bislang festen Ensemble- Mitgliedern ausschlaggebend waren.
Das „unverantwortliche Verhalten vieler Theaterleute“ ruiniert nach Ansicht des Regisseurs Peter Stein das Theater „nachhaltiger als Sparbeschlüsse“. Wie könne man für den Erhalt des Theaters kämpfen, „wenn es ein so abscheuliches Bild von sich produziert?“ fragt der frühere Leiter der Berliner Schaubühne und jetzige Theaterdirektor der Salzburger Festspiele im neuesten Jahrbuch der Zeitschrift „Theater heute“. Disziplin und Berufsethos würden angesichts der historisch bedingten Probleme mit dem Publikum wie Fernsehen und geändertes Freizeitverhalten „zu Überlebenstugenden – aber wer lehrt sie uns?“ Zur Diskussion um die Schließung des Berliner Schiller Theaters meinte Stein, man müsse hierbei die gesamteuropäische Theatersituation von den „ererbt irregulären Verhältnissen in Berlin“ unterscheiden. Stein sieht eine Bühne wie das Schiller Theater in seiner alten Form aus künstlerischen und ökonomischen Gründen für verloren an. Bereits zu Barlogs Spätzeiten seien die Berliner Zuschauer dem Schiller Theater untreu geworden, „weil sie hinter der verdammten Glotze nicht mehr hervorkamen“.
„Selbst als Hofnarr, ohne den viele Herrscher nicht existieren konnten, sind wir längst entlassen. Mir war das schon sehr früh bewußt, daß dieses Gewerbe, von einiger sehr punktueller und mitunter charmanter Hysterie mal abgesehen, daß dieses Gewerbe außerhalb des gesellschaftlichen Interesses sich bewegt.“
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