piwik no script img

Unterm Strich

Unsere Freunde von der dramatischen Zunft haben offenbar, wie es so unschön heißt, Blut geleckt und müssen neuerdings unbedingt die Kugeln um den Kopf pfeifen hören, wenn's ans Inszenieren geht. Nach Frau Sontag, die noch immer in Sarajevo auf einen multilingualen Herrn Godot wartet, folgt nun auch Herr Stein, welcher in Moskau mit Orestie-Problemen kämpft. Gegenüber seiner Produktionsgesellschaft ließ Stein durchblicken, daß es in der Tat gerade die prekäre Lage in Moskau sei, die den rechten Hintergrund für die Orestie abgebe. Besonders klasse wird's wahrscheinlich, wenn die ganze Chose mit Jelzin als dem Orest besetzt wird und im brennenden Weißen Haus spielt.

Uns hier springt dagegen rechtzeitig das Münchener Tams-Theater (Theater am Sozialamt) zur Hilfe. Im Oktober gastieren sie in Berlin mit „Die Zukunft war früher auch mal besser“.

Derweilen, ohhh dpa, willst du's jetzt wirklich wissen. Ein neues Theaterstück mit dem Titel „Pornogeographie“ wird vermeldet, welches in einem schäbigen Studio spielt. Dieses wurde von einem Blumenhändler zur Verfügung gestellt, der zwar vergeblich auf die Miete, dafür aber um so gespannter auf die Dinge waret, die da noch so kommen werden. dpa war bei der Premiere dabei und hat genau hingesehen: Zu Beginn der Aufführung ist gerade Drehpause. Der weitgehend nackte Hauptdarsteller pflegt das stolze, aber etwas verbogene Hauptorgan seiner Tätigkeit. Sonst wird vor allem geredet. Owieschade! Solchermaßen um die Erlebnisse unterhalb der Pomanschette geprellt, wendet ihr euch enttäuscht ab und konstatiert spitz:

„Ausdrücke aus dem Sexual- und Fäkalbereich wurden seit dem Mittelalter herangezogen, um das Publikum zu reizen. Wer traut sich, noch stärker zu würzen? Schwab hat diesmal des Guten zuviel getan und mit seinen Sprachwucherungen die Handlung erschlagen. Daß er noch weiter gehen kann [hechel, hechel] deutete er an, als die Pornodarstellerin einer Art von kollektivem Lustmord zum Opfer gefallen ist und der Maler einen Geschlechtsverkehr mit der Leiche erwägt.“ Ja so ebbes! Geschlagen, gebeutelt, frustriert eben, muß der Kollege von der Nachrichtenagentur nach Hause geschlichen sein. Von da an war alles Antiklimax.

Es ist aber durchaus nicht alles verloren, denn: Tangun, der mythologische Urvater des koreanischen Volkes, soll vor mehr als 4.000 Jahren tatsächlich gelebt haben. Archäologen sind der festen Überzeugung, das Grab mit den Gebeinen Tanguns entdeckt zu haben. Damit hofft man in Korea, beweisen zu können, daß der Koreaner an sich noch sehr viel älter ist als angenommen. In dem Grab seien die Knochen von zwei Menschen gefunden worden; die von old Tangun und die von einer Frau.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen