: Unterm Strich
Kein Tag ohne Spar-Hickhack im Kulturbereich, seine Gründe, seine Folgen, seine Metaphorik – Tendenz: immer „literarischer“, immer christlicher. „Auf einem richtigen Weg durch das gegenwärtige Tal der Tränen“ sei Berlins Kulturszene, formulierte der hauptstädtische Kultursenator Roloff-Momin am Mittwoch auf seiner Jahrespressekonferenz, um dann weiter abzuwiegeln: Die Stimmung bei den von Förderungsgeldern Abhängigen sei gegenwärtig „deutlich schlechter als die tatsächliche Lage“. Immerhin habe sich seit seinem Amtsantritt vor drei Jahren das gesamte Kulturangebot der Stadt um 31 Prozent erhöht. Ein grimmiges „Mit mir nicht“ schleuderte Roloff-Momin in Richtung der vielen Gerüchte, Berlin brauche nun wirklich keine drei Opernhäuser, und ob nicht vielleicht die „Komische Oper“...? Doch bei allem Anlaß zu „gedämpftem Optimismus“ handle es sich bei dem Bonner Beschluß, 650 Millionen Mark Berlin-Hilfe doch lieber nicht zu gewähren, um einen „schwerwiegenden Vertrauensbruch“. Für die Kultur, Berlins „glänzendstes Aushängeschild“, sei das letztlich – Optimismus hin oder her – ganz schön hart. Wenig Klares für die Zukunft: Über eine eventuelle neue Kunsthalle soll erst entschieden werden, wenn am 21. Februar das Fachgutachten vorliegt. Und Letztes von der Schiller-Theater-Front: über eine zukünftige Nutzung werden mit privaten Bewerbern „intensive Gespräche geführt“.
„Sehr, sehr intensive Gespräche“ werden zur Zeit über die Zukunft des semibankrotten Schleswig-Holstein Musikfestivals geführt. Behauptet jedenfalls Festival-Sprecherin Dörte Behrmann. Wer allerdings für den zu drei Vierteln ausgefallenen Hauptsponsor „Zentis“ (bloß noch 250.000 statt einer Mio.) einzuspringen gewillt und in der Lage ist, wollte bislang nicht über ihre Zunge. Und während wir uns hier gerade dem sündigen Gedanken hingeben, ob's um das Schleswig-Holstein Festival samt seinem Kleidermann Justus Frantz wirklich so doll schade wäre, versorgt uns dpa mit der Nachricht, daß letzterer sich von seinen Herzrhythmusstörungen in seinem Haus auf Gran Canaria erholt. Ob Frantz an der bevorstehenden Fortsetzung der sehr, sehr intensiven Verhandlungen teilnehmen werde, steht noch – wie sagt man? – in den Sternen. Arzt sagt: prinzipiell ja, allerdings fliege der hansdampfige Frantz bei Genesung „wohl gleich zu Schallplattenaufnahmen nach Warschau“.
Rezession, Baby? Tja, nicht für alle: „Motormusic“ (Brrrm? Brrrrrrm?) ist der voll geile Name, den man sich in der creative-Abteilung der Hamburger Polygram für ein neues Schallplatten-Label ausgedacht hat. Es soll sich, quasi parallel zum Musiksender „Viva“, der Sache deutscher Dance-Musik-Interpreten annehmen. Das Sublabel ist zugleich auch eigenständiges Subunternehmen. Die Erfolge deutscher Interpreten auf dem boomenden Dance-Trance
Markt ließen es notwendig erscheinen, diesen Bereich „von jungen Mitarbeitern weitgehend unabhängig vom Mutterhaus bedienen zu lassen“. Geschäftsführer wurde Tim Renner, bislang bei Polygram für „Progressive Music“ zuständig.
Anläßlich der bevorstehenden cpd-Modemesse in Düsseldorf versorgt uns deren Presseabteilung nicht nur mit der Meldung, daß (haben wir's nicht immer gesagt??) Country- und Landhausmode wieder groß im kommen ist, sie spendiert uns noch gleich ein Glossar dazu. Zum Beispiel „Pfoad“: „Weitgeschnittene Trachtenhemden mit halben Knopfleisten, Biesen und oftmals ländlicher Stickerei sind in den Alpenregionen unter ,Pfoad‘ ein Begriff. In der internationalen Mode halten sie nun Einzug.“ Schönster Eintrag aber unter „Ottoman“: „Das ist der Stoff für ausgesprochene Querdenker, brilliert er doch durch eine besonders ausgeprägte, unübersehbare Querrippe.“
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