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Unterm Strich

Kennen Sie diese verrückten Gedanken, mit denen Sie mitten in der Nacht aus dem Schlaf aufschrecken? Nein, nicht die dummen Träume, in denen man endlos irgendeinen Berg-Haus-Baum hinunterstürzt ins schweißdurchnäßte Laken, oder gar der böse Unbekannte, der einem im Dunkel die Kehle durchschlitzt, so daß noch Minuten nach dem Wachwerden so ein wohlig warmes Gefühl im Hals zu stecken scheint. Es geht um Lieder, Melodien, die irgendein vergrätzter Popsänger in die Ohren brüllt, daß es hell im Kopf klirrt, wie das Feedback einer elektrisch verstärkten Gitarre. Heute nacht war es Bryan Adams mit „Please forgive me“, momentan europaweit in Top-Position und zum Erbrechen unerträglich, danach folgte Bill Ramseys „Zuckerpuppe aus der Bauchtanzgruppe“. Wo soll das alles enden?

Vielleicht bei Sina-Aline Geißler auf der Couch beziehungsweise am Telefon. Die Autorin eines ebenso erfolgreichen wie umstrittenen Buches über Masochismus hat jetzt Bekenntnisse von etwa 150 Menschen gesammelt, die alle Uta, Torsten, Barbara, Manfred, Susanne, André oder wie Deinereiner eben heißen. Und sie reden – über „Doppelte Lust“, so der Buchtitel, was in diesem Fall allerdings keine kluge Koppelung von „Fressen, Ficken, Fernsehen“ meint, sondern nur das Herumgespiele an beiderlei Geschlecht. Das hatte sich Frau Geißler schon vor dem Wissen um das eigene erträumt: In der Erinnerung will sie als kleines Mädchen davon geträumt haben, eine jüngere Schwester zu besitzen, was sie als erstes Zeichen für die Zuneigung zum eigenen Geschlecht deutet. Aber, aber, Frau Geißler – so denkt doch postfeministischerweise keine Frau mehr. Wo bekanntlich das Geschlecht jeden Morgen neu sortiert, höchstselbigst entworfen und auf den Leib zugeschneidert wird. Immerhin gesteht sich die Sex-Forscherin einen gewissen Mangel im Umgang mit diesen Tricks ein: Für eine gleichgeschlechtliche Beziehung blieb in den ersten keimenden Frauenjahren keine Zeit, sie war viel zu sehr damit beschäftigt, einen dominanten Mann zu finden. Erst jetzt – im Trend der Zeit – lebt sie ihre Sehnsüchte aus und „ist glücklich, entdeckt zu haben, daß ich bisexuell veranlagt bin“. Nun wissen wir nicht, ob es Uta, Torsten, Barbara, Manfred, Susanne, André und Deinereiner genauso gut mit dem doppelten Vergnügen ergangen ist, aber wenn auch Du im Trend der Zeit liegst, schreib' uns mal. Stichwort: Doppel-Whopper, taz-Kulturredaktion, Oswalt-Kolle-Oase, Kochstraße 18, 10969 Berlin. Vielleicht wird ja auch ein Buch draus. Oder mehr.

Ganz so toll soll es in Elvis sein Sexleben nicht gewesen sein, auch wenn sich in Ann-Margrets Autobiografie fast alles um den singenden Hüftschwinger dreht. Trotzdem wird kein einziger Kuß erwähnt und schon gar nicht, wann und wo und wie oft die beiden ihr volles Glück fanden.

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