: Unterm Strich
Wo andere feste feiern, ist Joe Cocker wirklich gefallen. Da gab es diesen einen legendären Auftritt in Antibes, oder war's Frejus?, egal, jedenfalls unten an der Côte d'Azur, im Sommer irgendwann Ende der siebziger Jahre: Auf einer dieser Kurkampfkapellen-Schaubühnen an der Strandpromenade sollte nun John Robert Cocker, seines Zeichens singender Klempner aus Sheffield, sein drittes, oder war's das vierte?, jedenfalls Comeback erleben. Die Bühne war sorgsam gewischt worden, damit der Mann bei seinen seltsamen Tanzeinlagen nicht wie einst in Woodstock zu „With a little help from my friends“ von fremden Muskeln gelenkt darniederplatschen sollte. Doch schon sein erster Griff nach dem Mikrofon ging ins Leere. Joe war breit wie eine Natter, sein Kittel brannte, kurz – der Mensch war so sternhagelvoll, daß er bereits Englein sah, wo in Wirklichkeit englische Mamsellchen mit blauweiß onduliertem Haar sein eigentlich recht schönes „You are so beautiful“ erwarteten. Bis zum you are kam er noch, dann sank er von der Bühne, wurde von einigen old ladies zurück auf die Bretter gehievt, bedankte sich höflich, aber bestimmt, und ließ sich dann von dannen tragen. Damals hätte man mit einer kurzen Endzirrhose rechnen können. Doch Joe hielt durch. Seit knapp zehn Jahren ist er clean wie sein sehr langweiliger Mainstream-Blues und weit vom Mad Dog entfernt, der er einmal war. Und morgen wird der Englishman fünfzig. Glückwunsch.
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