: Unterm Strich
Taslima Nasrin ist am Montag in Norwegen eingetroffen, wo sie an diesem Mittwoch auf einem Kongreß in Stavanger über verfolgte Schriftsteller sprechen wird. Der norwegische Minister für Entwicklungshilfe, Kari Nordheim-Larsen, sicherte ihr bei einem Treffen die Unterstützung seiner Regierung zu. Er stellte allerdings fest, daß Oslo seine Entwicklungshilfe an Bangladesch in Höhe von umgerechnet 54 Millionen Mark vorerst nicht einstellen wird. Norwegen hatte sich diplomatisch für die Ausreise Nasrins nach Schweden eingesetzt und Bangladesch mit Sanktionen gedroht, falls ihr etwas zustoßen sollte.
Das Aufführungsverbot für Werner Schroeters Film „Das Liebeskonzil“ in Innsbruck stellt keinen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit dar. Zu diesem Urteil kam der europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Dienstag in Straßburg mit sechs gegen drei Stimmen. In dem Film führen Gott, Maria und Jesus obszöne Dialoge im Himmel. Diese basieren auf einem Theaterstück von Oskar Panizza aus dem Jahr 1894. Die Aufführung des Films war 1985 vom Landesgericht Innsbruck verboten worden, da er die „religiöse Lehre herabwürdigt und die Grenze der künstlerischen Freiheit überschreitet“. Gottvater sei als „seniler Trottel, Christus als Kretin und die Gottesmutter Maria als lüsterne Dame dargestellt worden“. Nach Ansicht des Gerichtshofs ist damals „der religiöse Frieden in Tirol, wo eine große Mehrheit der Bevölkerung dem katholischen Glauben angehört, gewahrt worden“. Die Menschenrechtskommission hatte sich zuvor schon einmal gegen das Aufführungsverbot ausgesprochen. Praktisch: Wer solch eine Menschenrechtskommission hat, die heute noch auf dem Stande der wilhelminischen Justiz argumentiert (die den Panizza schon vor fast hundert Jahren traktierte und zensierte), der braucht keine katholische Kirche mehr.
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