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Unterm Strich

Das vom Piper Verlag (München) gestoppte Buch „Auge um Auge – Opfer des Holocaust als Täter“ von John Sack wird jetzt im Hamburger Kabel Verlag erscheinen. Wie das Verlagshaus gestern berichtete, solle die Veröffentlichung des umstrittenen amerikanischen Werkes über die Rache von Holocaust-Überlebenden an ihren deutschen Peinigern, zur Versachlichung einer „vorzeitig abgebrochenen Diskussion“ beitragen. Das Buch soll am 27. April ausgeliefert werden. Piper hatte sich Mitte Februar nur eine Woche vor dem Erscheinungstermin gegen die Auslieferung von „Auge um Auge“ entschieden. Der neue Verlagschef Viktor Niemann erklärte, das Buch könne so mißverstanden werden, als ließe sich der Holocaust mit anderen Verbrechen dieser Zeit vergleichen oder sogar aufrechnen. John Sack hatte diese Darstellung und den Vorwurf, er würde den Holocaust relativieren, zurückgewiesen: „Ich sage ausdrücklich in ,Auge um Auge‘: ,Dies war kein Holocaust oder dessen moralisches Äquivalent‘, aber ich berichte auch, daß es den Deutschen, die darunter gelitten haben, oder den 60.000 bis 80.000, die gestorben sind, nicht als gering erschien. Ihre Geschichte, wie die der Juden, verdient es, erzählt zu werden, und ich glaube, daß die deutsche Bevölkerung davor nicht geschützt werden muß.“ Der Kabel Verlag betonte am Montag, er wolle weder auf die „Ewiggestrigen und Unbelehrbaren“ Rücksicht nehmen, die das Thema für ihre Zwecke mißbrauchten, noch auf „eilfertige Warner“, die den mündigen Leser ignorierten. „Die Ewiggestrigen und die Warner treffen sich in einem fatalen Punkte: Sie scheinen anzunehmen, eine Relativierung des Holocaust sei möglich.“ Dieser Ansicht seien Verlag und Autor aber nicht, rechtfertigte Kabel seinen Entschluß.

Der argentinische Lyriker und Essayist Roberto Juarroz ist vergangenen Freitag in seiner Heimat gestorben. Das meldete die Zeitung Clarin am Sonntag in Buenos Aires. Der 1925 geborene Autor hatte 1958 den ersten Gedichtband seines insgesamt auf 13 Bücher angelegten Großprojekts mit dem Titel „Vertikale Poesie“ veröffentlicht. Eine Auswahl daraus war 1993 auch in deutscher Übersetzung erschienen. Juarroz lehrte als Philosophiedozent in Buenos Aires. Außerdem gab er die Zeitschrift Poesia = Poesia heraus, die auf neue Literatur in Lateinamerika großen Einfluß hatte.

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