: Unterm Strich
Nach getaner Administration geht es nun um politische Nachwaschungen. Nach der Entlassung des Direktors des Jüdischen Museums, Amnon Barzel, will Berlins Kultursenator Peter Radunski bis Anfang Oktober eine Konzeptgruppe für das Museum finden. Konzeptgruppe, das klingt verdächtig nach entschlossener Ratlosigkeit und selbstbewußter Kaschierung des Vorgefallenen. Die Auswahl der Mitglieder würde selbstverständlich mit der Jüdischen Gemeinde abgesprochen, sagte Radunski. Darüber hinaus will der Senator mit der Jüdischen Gemeinde „deutlich und im besten Einvernehmen“ klären, welche administrativen Kompetenzen der Leiter eines Jüdischen Museums haben wird. Gebraucht werde die „praktische Mitarbeit“ der Gemeinde, „schon einfach, um geeignete Exponate, beispielsweise biographischer Art aus Vorkriegszeit und Vertreibung, zu finden“, betonte Radunski.
Angesichts der Kontroverse um die Stellung des Jüdischen Museums innerhalb der Stiftung Stadtmuseum verwies der Senator auf die Satzung der Stiftung. Darin sei die kulturelle Autonomie des Jüdischen Museums „ausreichend betont, genauso wie es das Abgeordnetenhaus beschlossen hat“. Das Konzept des Jüdischen Museums im Berlin Museum sehe vor, die Geschichte Berlins und die Geschichte der jüdischen Bürger parallel zu erzählen; „hinsichtlich der überragenden Leistung der Juden unserer Stadt; hinsichtlich des schrecklichen Bruches, den der Holocaust darstellt; hinsichtlich auch des mutigen, fast unfaßbaren Aufbaus einer jüdischen Gemeinde in der Nachkriegszeit“. Dieses Konzept zu akzeptieren falle manchem in der Jüdischen Gemeinde schwer.
Rückendeckung erhielt Kultursenator Radunski unterdessen vom Regierenden Bürgermeister. Senatssprecher Michael- Andreas Butz sagte, Eberhard Diepgen sei bei dieser Entscheidung eingebunden gewesen. „Mit Barzel waren vernünftige Lösungen nicht mehr möglich.“ Auch die Idee der von Radunski vorgeschlagenen Konzeptgruppe scheint mit Diepgen abgestimmt. Jetzt müsse in enger Abstimmung mit der Jüdischen Gemeinde nach einer neuen, konstruktiven Lösung für das Museum gesucht werden. Es soll 1999 in den neuen Libeskind-Bau am Berlin Museum in der Lindenstraße einziehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen