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Archiv-Artikel

Unter dem Edelweiß

Deutsche Gebirgsjäger aus Mittenwald spielen in Afghanistan mit Leichen – ähnlich wie ihre Vorfahren, die während des Zweiten Weltkrieges zahllose Massaker begingen

VON EBERHARD RONDHOLZ

Was sind das nur für Typen, die so etwas machen, fragte vorgestern der ARD-Brennpunkt-Moderator den Verteidigungsminister, ohne eine klare Antwort zu erhalten. Inzwischen wissen wir, wer die Typen sind, die sich beim Fototermin von Kabul mit einem Totenschädel aus einem Massengrab verlustierten. Gebirgsjäger aus Mittenwald. Gebirgsjäger, die sind, was man im Landser-Jargon gern eine Elitetruppe nennt. Eine mit Tradition. Was zeichnet ihn denn so besonders aus, diesen Gebirgsjäger, nach dem heute alle rufen? Ihre Bedeutung liegt „in der gelebten Tradition der Gebirgstruppe, die sehr bewusst für Werte steht, die Richtschnur unseres Handelns sind, diese Männer waren unsere Vorbilder.“ Also sprach Gebirgsjäger-General Reinhardt auf einem der alljährlichen Pfingsttreffen der Truppe im bayerischen Mittenwald, wo Veteranen, Reservisten und Aktive unter dem Edelweiß der teuren Toten gedenken.

Ein Blick auf Werte und Handeln dieser Traditionstruppe, die Ex-Nato-Balkan-Kommandeur Reinhardt in höchsten Tönen lobte. Landauf, landab hat sie auf dem Balkan blutig gewütet, zahllose Massaker gehen auf ihr Konto. Zum Beispiel Kefalonia: Dort haben Gebirgsjäger fast 5.000 italienische Kriegsgefangene in dumpfem Kadavergehorsam auf Befehl des „Führers“ regelrecht abgeschlachtet. Eines der größten Kriegsverbrechen, das die Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges begangen hat. Die Justiz hat den Tätern dafür jüngst wieder einen Persilschein ausgestellt – Handeln auf Befehl, kein Mord. Aber das war nur eins von vielen Kriegsverbrechen dieser Truppe. Zum Beispiel Kommeno: Dort ermordeten Einheiten der 1. Gebirgsdivision in einer wahren Blutorgie fast 200 alte Männer, Frauen und Kinder. Und das war nicht alles. Ein Gefreiter aus Österreich, der dabei war und dem sein schlechtes Gewissen keine Ruhe ließ, sagte Jahre später als Zeuge aus:

„Wenn ich gefragt werde, ob es den Tatsachen entspricht, dass Kinder in der Weise verbrannt wurden, dass ihnen mit Benzin getränkte Watte in die Münder gestopft und die Watte dann angezündet worden ist, dann gebe ich an, dass ich tatsächlich Kinder gesehen habe, die in der Gesichtsgegend um den Mund schreckliche Brandwunden aufwiesen. Ob diese Kinder lebend oder als Leichen so misshandelt worden sind, weiß ich nicht.“ Und weiter: „Was mich furchtbar abgestoßen hat, das war, dass einige Angehörige der 12. Kompanie sich in schändlicher Weise an den Leichen zu schaffen machten. So habe ich selbst gesehen, wie einige Soldaten den weiblichen Leichen Bierflaschen in den Geschlechtsteil einführten.“ – „Ich möchte noch ergänzend hinzufügen, weil dies auch ein bezeichnendes Licht auf die Sache wirft, dass nach dem Einsatz im Zeltlager ein Besäufnis stattfand. Es war Wein … erbeutet worden. Dieser Wein wurde ausgetrunken und es ging bei einigen Kameraden hoch her.“

Disziplinarische Folgen (im Sinne der Aufrechterhaltung der in der NS-Wehrmacht stets hoch gehaltenen so genannten Manneszucht) hatten die hier von dem Gefreiten August S. geschilderten nekrophilen Exzesse nicht. Kurz: Die Gebirgsdivision unter dem Edelweiß war eine zu jedem Kriegsverbrechen bereite, sittlich total verluderte Truppe, deren Taten selbst die Verbrechen der Waffen-SS in den Schatten stellten. Was die Bundeswehrführung nicht hindert, die Edelweißler dem „Bürger in Uniform“ bis heute als soldatisches Vorbild hinzustellen, ihre Formen der Traditionspflege werden alle Jahre wieder vom Verteidigungsministerium gesponsert, und wenn sie sich in Mittenwald zusammenrotten, spielt eine Militärkapelle auf zum Großen Zapfenstreich, Politikergrußadressen und Lobreden wie die zitierte von General Reinhardt garnieren das Ganze.

Die Freunde und Förderer der Gebirgstruppe, von Struck bis Stoiber, sind bestens informiert über die Massenmordorgien ihrer Einheiten im Zweiten Weltkrieg, ein Arbeitskreis „Anfechtbare Traditionspflege“ hat dafür gesorgt. Aber zu stören schien sie das nicht, auch die Leichenschändung von Kommeno nicht. Das war für sie, neben den verübten Massakern, wahrscheinlich nur eine kleine Geschmacklosigkeit am Rande.

Dass es jetzt ausgerechnet die Enkel der Killertruppe von Kommeno und Kefalonia sind, die in Kabul ihre nekrophilen Scherze treiben – ein Zufall? Vielleicht. Eines darf angenommen werden: Hätten die Gebirgsjäger ihren nekrophilen Fototermin besoffen auf dem Truppenübungsplatz von Mittenwald abgehalten, hätte der Vorgesetzte das Ganze wahrscheinlich als spätpubertären Scherz abgetan und wäre nach einer milden Abmahnung zur Tagesordnung übergegangen.

Aber der Schauplatz der obszönen Inszenierung ist ein Kriegsschauplatz, und da wirken Bilder dieser Art wie Brandbeschleuniger. Es bedarf gar nicht erst der jetzt gern beschworenen Instrumentalisierung der Bilder durch Islamisten. Ein Christ, der seinen Penis heraushängen lässt neben dem Schädel eines mutmaßlichen Muslim, das ist eine Geste, die im Orient jeder versteht, das ist eine tödliche Beleidigung, die nach Vergeltung schreit.

Was Mittenwald als Standort der Traditionspflege der Edelweißtruppe angeht, so bereut man inzwischen, sich alle Jahre wieder dazu hergegeben zu haben. Zumindest beim Fremdenverkehrsamt.