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„Unsern Stall intern beackern“

■ HSV: Im Präsidiumsgerangel zwischen Flomm und Wulff steht es 1:0 Von Folke Havekost

Eine Überraschung, kein Befreiungsschlag war es, als der HSV am Mittwoch abend die Besetzung des Manager-Postens bekanntgab: Schatzmeister Gerhard Flomm wird zum 1. Mai als geschäftsführendes Präsidiumsmitglied die Nachfolge des im Dezember geschaßten Heribert Bruchhagen antreten.

Die Entscheidung bedeutet in erster Linie einen Erfolg Flomms im Kompetenzgerangel mit Präsident Ronald Wulff. Seit der Beurlaubung Bruchhagens war es permanent zu Unstimmigkeiten in der Führung gekommen. Während Wulff („Der HSV braucht einen Geschäftsführer“) einen „Anforderungs-Katalog“ erstellte, der den neuen Manager auf die Bereiche Marketing und Organisation beschränkte, insistierten seine Gegenspieler Flomm und Vize Heinz Schümann auf einem Kandidaten, der auch in sportlichen Fragen mitmischen sollte.

Wulff ging darauf mit seinem Favoriten, dem Schweizer Guido Tognoni, an die Öffentlichkeit und handelte sich harsche Kritik ein. Von „miesem Stil“ sprach Flomm und warnte: „Herr Wulff sollte aufpassen, was er sagt und tut.“ Mit Erfolg: Tognoni war der Streitereien leid und erklärte seinen Verzicht wegen der divergierenden „Strömungen im Verein“.

Zwar entspricht die jetzige Lösung formal Wulffs Konzept – Flomms Tätigkeitsfeld greift nicht in die Belange von Trainer Benno Möhlmann ein. Doch nicht umsonst hat das siegreiche Gespann Flomm/Schümann sportliche Kompetenzen für den Manager eingefordert und erreicht, daß dieser auf der Jahreshauptversammlung im November Sitz und Stimme im Präsidium erhalten wird.

Flomms Sache wird das dann unter Umständen gar nicht mehr sein – hartnäckig halten sich Gerüchte, daß der 57jährige Immobilienmakler auf die Wulff-Nachfolge spekuliert. Deshalb gilt es, Durchsetzungsfähigkeit zu zeigen, vor allem, wenn man, wie beim HSV, von einer Krise in die nächste schliddert.

Die Reaktionen auf die Berufung Flomms waren jedoch distanziert. „Etwas merkwürdig“, befand Ex-Präsident Jürgen Hunke, sei es schon, daß Schatzmeister Flomm nun Manager Flomm kontrolliere. Hauptsponsor TV Spielfilm verlangte, einen „qualifizierten“ Manager nachzuschieben. Trainer Benno Möhlmann, der sich unter Flomm schwerer tun dürfte als unter Wulff, legte sich lieber nicht fest: “Es steht mir nicht zu, eine Präsidiumsentscheidung zu kommentieren“. Wulff machte gestern gute Miene zum Spiel: „Wir müssen erst unseren Stall intern beackern. Ein Externer hätte mindestens ein halbes Jahr gebraucht, um sich einzuarbeiten.“

Und günstig ist die Neubesetzung auch: Flomm erhält neben seinem Schatzmeister-Salär „nur“ noch eine „Aufwandsentschädigung“ von 200.000 Mark per anno.

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