: Unser Eichamt – ein Tiger!
■ Arbeitssenatorin Uhl weihte einen neuen Tankwagen-Prüfstand im Eichamt ein
Das Eichamt ist das unterschätzteste Amt Bremens. Vielleicht, weil es in der Häschenstraße liegt. Am Donnerstag aber widerfuhr ihm einmal Gerechtigkeit: Die Senatorin für Arbeit und Frauen, ihr Pressesprecher, Vertreterinnen aus dem Hause des Umweltsenators, Landeseichdirektor Buel (mit einer Waage auf der Krawatte) und viele viele Herren aus der Mineralölwirtschaft waren zum Teil mit Blumen gekommen. Es mußte der „Tankwagen-Prüfstand“ eingeweiht werden, eine 3 mal 5 Meter große Kiste zwischen, wie es hieß, „Haltestelle und Karnickelstall“.
Das Eichamt hat 18 Mitarbeiter, darunter Menschen wie Ewald Schmidt, der zum Beispiel so spricht: „Das Eichwesen ist mein Leben.“ Man muß ihm einfach glauben. Aus solchem Holz sind die Menschen vom Eichamt. Doch der Laie weiß kaum von diesem Amt, das sich Zapfsäulen vorknöpft oder Bäckers Waage oder angebliche Ein-Kilo-Zuckerpakete. Nehmen wir die Tankwagen. Sie bringen Heizöl in unser Haus; aber wissen wir, wieviel? Können wir sicher sein? Das Eichamt überprüft alle zwei Jahre die Zähleruhr, und zwar ab sofort auf ein Promill genau. Das mit dem Promill weiß das Eichamt, weil es seinen neuen Prüfstand selbst geeicht hat.
Das Eichamt weiß auch, daß alle Tankstellen der Republik so genaue Meßeinrichtungen haben, daß wir Autofahrer immer ein paar Tropfen zu wenig Benzin kriegen – soeben noch im gesetzlichen Rahmen, versteht sich. Macht 300.000 Mark plus für die Mineralöler. Täglich. Hier stößt das Eichamt an seine Grenzen, weil die Beweisführung schwierig ist. Auch kann es nicht unterbinden, daß der Tankfahrer sich selbst betankt und es dem Kunden auf die Rechnung setzt. Aber wo das Amt einmal mißt, entsteht Verbraucherschutz.
200.000 Mark hat die Pumpenstation gekostet, in die die komplette Tankwagenladung hinein- und herausgepumpt wird; das ist nicht viel Geld, aber für Senatorin Uhls Etat doch. Immerhin spielt die Anlage 100.000 Mark im Jahr ein, wenn im Jahr 150 Tankwagen geprüft werden. Die kommen keineswegs alle aus Bremen. Das nächste Eichamt ist in Oldenburg, und da gibt es so einen kleinen Wettbewerb.
Klaus Helmholdt wird „Vater der Anlage“ genannt, weil er sich neben seiner Eichtätigkeit um den Bau gekümmert hat. Der Ingenieur ( „Wir eichen bei Wind und Wetter.“) fährt die Anlage. Er mußte zur Feier des Tages einmal „die Politik“ kritisieren: Die Eichämter sollen nämlich in Teilbereichen privatisiert werden. Helmholdt weiß, was das hieße: „Der staatliche Tiger würde zahnlos.“
Es gab eine feierliche Baumpflanzung an der Stelle, wo die alte unökologische Pumpe stand. Keine Eiche: Ahorn, weil es in der Häschenstraße schon einen Ahornbaum gibt. Dann gab es eine Eichsimulation am tatsächlichen Tanklastwagen. Bei Kartoffelsalat und Würstchen wies Landeseichdirektor Buer der taz gegenüber darauf hin, daß das Amt nicht nur den Verbraucher im Auge hat. Es dient auch z.B. der Mineralölwirtschaft, weil manchmal zu viel Öl abgegeben wird, wenn die Uhr falsch zählt. Bestimmt darum waren die Mineralölfirmen so reichlich vertreten. Uhl: „Selten hat man so ein gutes Zusammenspiel von Behörde und Wirtschaft.“ BuS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen