: „Unrecht von Anfang an“
■ Neue Initiative zur Rehabilitierung von Opfern der NS-Militärjustiz
Bonn (AFP/epd) – Die SPD will einen neuen Vorstoß zur Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer der NS-Militärjustiz nach der Sommerpause unternehmen. Dies kündigte die stellvertretende Parteivorsitzende Herta Däubler- Gmelin gestern an. Sie bezeichnete es als Skandal, daß 50 Jahre nach Kriegsende immer noch von NS- Kriegsgerichten als Deserteure und „Wehrkraftzersetzer“ Verurteilte um ihre Rehabilitierung kämpfen müßten.
Angesichts gescheiterer Versuche, dieses Unrecht durch einen Bundestagsbeschluß gutzumachen, warf sie den Koalitionsparteien „Blockadehaltung“ vor. Wenn trotz monatelanger Verhandlungen kein „vernünftiger Beschluß“ zustande gekommen sei, sei dies nicht nur für die Betroffenen bitter. Angesichts der problemlosen Anerkennung Fahnenflüchtiger aus den DDR-Grenztruppen als politisch Verfolgte sei es völlig unverständlich. Die Urteile der NS-Militärjustiz müßten als das bezeichnet werden, was sie seien: „Nicht Rechtsprechung, sondern Unrecht von Anfang an.“
Union, FDP und SPD hatten sich ursprünglich auf eine Erklärung geeinigt, in der die Regierung aufgefordert wird, die Opfer „alsbald“ zu entschädigen. Eine Aufhebung der Urteile ist nicht vorgesehen. Die NS-Militärjustiz wird in der Erklärung als „Terrorinstrument“ bezeichnet, „wenngleich sich Richter auch um maßvolle Urteile bemüht haben“. Diese Passage ging Teilen der Union zu weit.
Die Bündnisgrünen, die den Kompromiß zwischen Koalition und SPD ablehnen, wollen einen eigenen Gesetzentwurf ausarbeiten. Danach sollen Kriegsdienstverweigerer, Deserteure, Wehrkraftzersetzer und Frauen, die diesen Gruppen geholfen haben, mit anderen NS-Opfern materiell gleichgestellt werden.
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